Corona stellt Verhältnis von Eigenverantwortung und Staatshilfe auf die Probe
Die Corona-Pandemie stellt das Verhältnis von Eigenverantwortung und staatlicher Hilfe und Verantwortung auf eine neue Weise auf die Probe. Darauf wies Prof. Marianne Heimbach-Steins, Direktorin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften an der Universität Münster, hin. Heimbach-Steins war am Freitag, 26.3., in der Online-Reihe „Soziallehre am Punkt“ zu Gast. Die sechste und letzte Veranstaltung dieser Reihe war dem Thema „Subsidiarität“ gewidmet, jenem Prinzip, wonach die größere und umfassendere - politische, gesellschaftliche, kirchliche - Einheit dazu verpflichtet ist, der kleineren Einheit Hilfe zu leisten, wo diese nicht in der Lage ist, sich selbst zu helfen.
In der Corona-Pandemie zeige sich eine Spannung zwischen persönlich Zumutbarem und staatlichen Maßnahmen besonders, so die Sozialwissenschaftlerin, die als Beispiel die Schulschließungen und die damit verbundene Frage der Betreuung der Kinder nannte. Weitere Problembereiche seien die Pflege – als Familienaufgabe einerseits und als Aufgabe der ganzen Gesellschaft andererseits, und die Migrationspolitik, hier unter anderem die Spannungen zwischen nationalen Politiken und der EU-Ebene. Heimbach-Steins spricht aber auch die Frage der Subsidiarität in der Kirche an: das Verhältnis zwischen Ortskirche und römischer Zentrale bzw. Weltkirche.
Das Online-Gespräch mit Heimbach-Steins wurde von „Furche“-Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl geführt. Die Online-Reihe „Soziallehre am Punkt“ startete am 19. Februar. Ihr Ziel war es, zentrale Inhalte der Katholischen Soziallehre und der beiden Sozialenzykliken von Papst Franziskus – „Laudato si“ und „Fratelli tutti“ – zu vermitteln und daraus Wege für die Bewältigung der gegenwärtigen Krisen und Herausforderungen zu suchen. Veranstalter waren die Katholischen Bildungswerke (KBW) der Erzdiözese Wien und der Diözese St. Pölten, gemeinsam mit der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), dem Forum Zeit und Glaube (Wien) und in Kooperation mit der Wochenzeitung „Die Furche“. Die weiteren Themen waren Nachhaltigkeit, Personalität, Gerechtigkeit, Solidarität und Menschwürde. GesprächspartnerInnen waren Magdalena Holztrattner, frühere Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs, der Waldviertler Theologe Karl Immervoll, der Wiener christliche Philosoph Prof. Hans Schelkshorn, die Vorsitzende der Katholischen Arbeitnehmerbewegung Österreich (KABÖ), Anna Wall-Strasser, der Wiener Moraltheologe Prof. Gunter Prüller-Jagenteufel und die Innsbrucker Theologin Prof. Michaela Quast-Neulinger.
„Die beiden Sozialenzykliken von Papst Franziskus machen klar, dass es angesichts der heutigen Herausforderungen eine neue Form des Zusammenlebens braucht, die von Geschwisterlichkeit und der Sorge um diese unsere Welt geprägt ist“, betonte KABÖ-Vorsitzende Wall-Strasser dazu. „Der Blick auf die Gerechtigkeit darf dabei nicht verloren gehen, die Frage nach der Verteilung ganz konkreter Güter und Lebenschancen. Glaube und Gerechtigkeit bedingen einander, das ist ein klarer Auftrag für das gesellschaftliche Engagement von Christinnen und Christen, besonders auch in der Arbeitswelt.“
Die sechs einstündigen Gespräche von „Soziallehre am Punkt“ sind weiter im Netz abrufbar unter: www.youtube.com/BildungszentrumSB