Kaineder: "Attraktiv" wie die Urkirche werden
"Hat Jesus die Kirche, diese Kirche gegründet?" Das war die Ausgangsfrage eines Vortrags des Präsidenten der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Ferdinand Kaineder, am Dienstagabend in Zwettl (NÖ). "Kurz gesagt: So nicht", lautete die lapidare Antwort des Theologen. Ausgehend von Jesus habe sich die Urkirche der ersten Christen deutlich von der übrigen Gesellschaft unterschieden und sei deshalb "attraktiv" gerade für Benachteiligte gewesen, so Kaineder. In ihren ersten Jahrzehnten sei die Jesus-Bewegung "barrierefrei zugänglich" gewesen: Frauen, Männer, Heiden, Griechen u.a. hätten unterschiedslos am Herrenmahl teilgenommen. Man habe sich um die Schwächsten gekümmert, den Besitz geteilt, auf Gewaltfreiheit gesetzt - "alles zum Lobe Gottes".
Später habe sich diese Bewegung "mit der staatlichen Macht verheiratet", erklärte Kaineder. Die Organisationsform der Kirche sei immer weiter abgedriftet, weg von der geschwisterlichen, partizipativen und synodalen Ausrichtung hin zu einer starr-hierarchischen, männlich-klerikalen, die heute auch immer wieder auf Kritik von Papst Franziskus stoße. Die heutige Kirche beschrieb der KAÖ-Präsident als zweigesichtig: Neben der "kristallinen" Kirche, in der Gesetze und Normen im Vordergrund stünden und die Vorschriften auferlege, gebe es auch die "fluide" Kirche in Bewegung. Sie werde gebildet von Getauften und "Menschen guten Willens", die Gemeinschaften bilden, "für eine Sache brennen", sich für die Schwächsten einsetzen.
Die Katholische Aktion, der Kaineder seit September vorsteht, wolle eine prophetische Kirche, die sich an die "Jesusbewegung" der Urkirche wie "an die erste Liebe" zurückerinnert und als Avantgarde für ein neues gemeinschaftliches und anwaltschaftliches Leben agiert, sagte er.
(jp/16.2.2022)