„Busek war von christlich-sozialer Überzeugung getragen“
Der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (#kaoe), Ferdinand Kaineder, hat den am Sonntag verstorbenen ehemaligen Vizekanzler Erhard Busek als Person gewürdigt, dessen Leben und Wirken von christlich-sozialer Überzeugung getragen war. „Das Fundament seines politischen Handelns war die katholische Soziallehre. Er war das christlich-soziale Gesicht der ÖVP und ein entschiedener Verfechter einer liberalen Demokratie. Wir bleiben ihm für dieses Engagement sehr dankbar.“
„Busek war zudem ein sehr starker Zukunftsdenker, er hat Entwicklungen zu Zeitpunkten erkannt und benannt, zu denen sie für viele noch kein Thema waren und erst wenige bewegt haben. Dazu zählen besonders auch öko-soziale Themen und Anliegen. Darüber hinaus war ihm Kultur ein wichtiges Anliegen, sie war für ihn ein Lebensmittel des Menschen“, hob Kaineder weiter hervor.
„Was den Menschen und Politiker Busek weiter ausgezeichnet hat, war seine Suche nach Gesprächspartnern in alle Richtungen. Er wollte sich ganz entschieden nicht nur in seiner eigenen ‚Meinungsblase‘ bewegen, sondern hat immer wieder andere Meinungen gesucht und ernsthaft zugehört.“
Busek, der sein gesellschaftliches Engagement in Katholischen Jugendorganisationen startete, machte sich immer wieder auch für Reformen in der Kirche stark. „Er hat sich dabei kein Blatt vor den Mund genommen. Er war überzeugt, dass eine Kirche, die gesellschaftlich wirksam werden soll, auch ihrer Verfasstheit mit der gegenwärtigen Gesellschaft kompatibel sein muss“, so der #kaoe-Präsident.
Engagement für Länder Ostmitteleuropas
Busek, geboren am 25.3.1941, engagierte sich ab 1958 für die Katholische Mittelschuljugend (KMJ) der Erzdiözese Wien, ein Jahr später berief man ihn zum Zentralsekretär der Katholischen Mitteschuljugend Österreich (KMJÖ). Anschließend übernahm die Aufgabe des Bundessekretärs der Katholischen Jugend Österreich (KJÖ) und gleichzeitig des Zentralführers der KMJÖ. 1964 schloss er sein Jus-Studium ab, seine Funktion in der Katholischen Jugend übte er bis 1966 aus. Danach wechselte Busek in die Politik, zunächst als Klubsekretär der ÖVP im Parlament.
Seine weiteren politischen Stationen waren u.a. Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes und der ÖVP, Landesparteiobmann der Wiener VP und Vizebürgermeister der Stadt. 1989 wurde er Wissenschaftsminister, von 1991 bis 1995 war er ÖVP-Vorsitzender und Vizekanzler in der Großen Koalition mit der SPÖ.
Nach dem Ende seiner innenpolitischen Laufbahn widmete sich Busek seinem Interesse und Engagement für Europa und übernahm den Vorsitz des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa; von 2000 bis 2002 war Regierungsbeauftragter für die EU-Erweiterung, von 2002 bis Juni 2008 Sonderkoordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa. In diesen Jahren trat Busek immer wieder auch als Unterstützer des Engagements der Katholischen Aktion Österreichs in den Reformländern Ostmitteleuropas auf.
2009 gründete Busek zusammen mit dem ehemaligen Volksanwalt Herbert Kohlmaier und dem ehemaligen Nationalratspräsidenten Andreas Khol die – bis heute bestehende - „Laieninitiative“. Sie forderten eine Abschaffung der Zölibatspflicht für Priester, eine Weihe von Frauen zu Diakoninnen und ein stärkeres Mitspracherecht der Laien in der Kirche.
Zulehner: Busek regte Treffen Papst - Putin an
"Der Papst sollte versuchen, nach Moskau zu fahren, um Putin und den Patriarchen zu treffen!" Diese Mail-Nachricht Erhard Buseks vor wenigen Tagen war die letzte, die er an seinen langjährigen Freund Paul Zulehner richtete, wie der Wiener Theologe und Geistliche Assistent der KAÖ in seinem Blog mitteilte. Wenn Zulehner Möglichkeiten sähe, möge er auf ein solches Treffen hinwirken, bat Busek und zeigte damit, "wie wach sich Erhard bis an das so überraschende Ende seines intensiven Lebens als Vollblutpolitiker eingesetzt hat", so Zulehner.
Europa sei dem Verstorbenen ein Herzensanliegen gewesen. Sein Institut für den Donauraum und Mitteleuropa habe er in dessen "altösterreichischen Konstellation" als Beitrag zum Frieden in Europa gesehen.
An Busek habe er auch sehr geschätzt, "dass er ein waschechter Christlichsozialer war und das Herz am grünen Fleck hatte", tief fundiert in seiner persönlichen Gläubigkeit. Lang vor "Fridays for Future" habe er sich für ökologische Anliegen eingesetzt und hätte wohl "schon weit früher eine Allianz zwischen ÖVP und den Grünen geschlossen", meinte Zulehner.
Auch Buseks Bindung an die Kirche sei ungebrochen gewesen, er habe sehr bedauert, dass es mit ihr so abwärts geht. Beklagt habe er sich über die Mutlosigkeit mancher österreichischer Bischöfe, als Vizekanzler habe er daran mitgewirkt, Kurt Krenn als Wiener Erzbischof zu verhindern.
"Nicht nur ich werde Erhard sehr vermissen", bekundete Zulehner tiefe Trauer. Mit ihm sei ein großer Christlichsozialer, ein Friedensfreund und hochgeschätzter Vermittler etwa in der Balkankrise verstorben. "Dies schmerzt in Zeiten eines barbarischen Angriffskriegs umso mehr."
Für ein christliches Menschenbild des Miteinanders
Auch der Katholische Akademiker:innenverband Österreichs (KAVÖ) zeigte sich tief betroffen vom plötzlichen Tod Buseks. „Er war mit Sicherheit einer der profiliertesten Vertreter des zeitoffenen, aufgeklärten Christentums in Österreich“, stellte Magda Krön, Präsidentin des KAVÖ fest. „Das Zweite Vatikanische Konzil prägte ihn tief. Busek stand auch in seinen vielen politischen Funktionen für ein christliches Menschenbild des Miteinanders. Sein Wirken in den letzten Jahrzehnten galt vor allem der Zusammenarbeit im Donauraum und in Mitteleuropa, eine Aufgabe, die, wie die Gegenwart lehrt, in ihrer Wichtigkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Erhard Busek wird sehr fehlen, als politischer Kopf, als Zeitzeuge, als Mahner in der Gegenwart, als Mensch vor allem.“
Der KAVÖ zitiert eine Aussage Buseks: „Ich komme aus einer Generation, die in der Katholischen Jugend und Katholischen Aktion aufgewachsen ist und den Weltauftrag des Christen rund um das Zweite Vatikanum besonders verstanden bzw. als attraktiv empfunden hat. Die Kirche war von Hoffnung getragen, von Gestaltungswillen und auch von innerer Kraft und hat sich von jenen Formen verabschiedet, die nicht mehr adäquat waren. Das Aggiornamento von Johannes XXIII. ist einer der wesentlichen Zurufe, der mich letztlich ins öffentliche Leben geführt haben.“
Busek war auch mit dem Forum Zeit und Glaube / Katholischer Akademiker:innenverband der Erzdiözese Wien eng verbunden, als Beispiel bringt der KAV Wien eine Buchpräsentation vom 6.10.2020 im Otto-Mauer-Zentrum (zum Video) und einen Vortrag zum Krisenmanagement in Europa (13.10.2015, Audioaufzeichnung). Erhard Busek (1941-2022) – KAVÖ (kavoe.at)
KHJÖ: Er tauschte sich mit jungen Studenten aus
Mit Betroffenheit hat das Leitungsteam des Katholischen Hochschuljugend Österreichs die Nachricht vom plötzlichen Tod von Erhard Busek entgegengenommen. „Mit Erhard Busek verabschiedet sich ein verdientes Mitglied der KHJÖ“, stellt Christian Wallisch-Breitsching, Theologischer Assistent der KHJÖ fest. „Während seiner Studienzeit war Busek engagiertes Mitglied der KHJ Wien und blieb er der katholischen Student:innenorganisation zeitlebens eng verbunden. Bei der 70-Jahrfeier der KHJÖ in Salzburg genoss er sichtlich den Austausch mit der jüngeren Generation. Aus christlichen Wurzeln heraus Gesellschaft zu gestalten und die Vision auf eine gerechtere Welt in die Tat umzusetzen, waren sein Credo für die Studierenden von heute.“
Anlässlich der Gedenktafel-Enthüllung für Prälat Strobl (im Jänner 1988 in Wien) nahm Erhard Busek darauf Bezug, dass Strobl 1938 (also vor damals 50 Jahren) als junger Priester zum Hochschulseelsorger in Wien bestellt wurde. Schon in den schwierigen Kriegsjahren fand sich ein Kreis junger Studierender, welcher nach dem Krieg den Nucleus der neuen Hochschulseelsorge und der Hochschulgemeinde ausmachte (mit den bekannten Persönlichkeiten Schubert, Weinzierl, Tuppy, Berger u.v.m.). Busek spekulierte dann darüber, wie Strobl wohl auf die Würdigung seiner Verdienste reagiert hätte und meinte, er hätte das als unnötig und überflüssig erachtet. Er hätte vielmehr darauf hingewiesen, man sollte statt eines Rückblickes eher in die Zukunft schauen.
Busek dazu wörtlich: „Wir sollten lieber darüber nachdenken, was im Jahr 2038 kritisch gesehen wird und was wir 1988 unterlassen haben. (…) Die Katholische Hochschuljugend und die Hochschulgemeinde haben nie das Talent besessen, eine Macht der Organisation zu zeigen. (…) Ich glaube, für die kommenden fünfzig Jahre ist es die Verpflichtung, durch persönliche Positionierung und durch geistige Leistung dafür zu sorgen, dass die Teilhabe des einzelnen im Sinne der lebendigen Demokratie möglich wird.“
Zum Bild: Erhard Busek bei der Bildungstagung der KHJÖ am 11.3.2018 im Otto-Mauer-Zentrum in Wien (© KHJÖ).