Die Zukunft der Pfarren wird weniger vom Klerus gestaltet
„Jugend, Frauen und Männer sind die Tragesäulen des zukünftigen Pfarrlebens. Bei der Pfarrgemeinderats-Wahl am 20. März 2022 wird es die Vielen brauchen, damit Pfarren lebendige Orte relevanten Christseins bleiben oder wieder werden“, unterstreicht das Präsident:innen-Team der Katholischen Aktion Österreich (#kaoe). „Als KAÖ rufen wir alle Menschen auf, besonders auch die Mitglieder und Sympathisant:innen der Gliederungen und Bewegungen der Katholischen Aktion, durch die Beteiligung an der PGR-Wahl ein Stück Verantwortung zu übernehmen und auszudrücken.“
KAÖ-Präsident:innen-Team (v.l.n.r.): Ferdinand Kaineder, Katharina Renner, Brigitte Knell.
„Die Herausforderungen sind groß, aber machbar. Wir sehen in dieser Wahl eine neue Chance, die ungeschminkte Wahrnehmung der gesellschaftlichen wie kirchlichen Wirklichkeiten in den Blick zu nehmen, den kritischen und weiten Blick von außen und jenseits kirchlicher Milieus einzubeziehen und Fremdes neu als Bereicherung zu sehen. Wir hören Papst Franziskus sagen, dass er nicht einfach eine hierarchisch-geprägte Kleruskirche will, sondern viel mehr wünscht, dass die ‚Getauftenkirche‘ als Volk Gottes unterwegs neu lebendig wird, aufsteht. Das Hauptparadigma zukünftiger Kirche und Pfarren ist das ‚gemeinsam gehende Volk Gottes‘“, so Ferdinand Kaineder, Brigitte Knell und Katharina Renner, die selbst in ihren Pfarren aktiv sind.
Die getrübte Realität
„Wir sehen allerdings in diesem Moment die bestehende Realität recht ungeschminkt. Das geht von der verlorenen Glaubwürdigkeit und dem Relevanzverlust bis hin zur Mutlosigkeit der Bischöfe den Reformanliegen gegenüber. Sie sollten das Ihre mutig tun, was kirchenrechtlich möglich ist. Zentral sind die Rolle der Frau und ihre gleichwertigen Wirksamkeitschancen und Wirkmöglichkeiten. Dem gegenüber sehen wir einen männlichen Klerikalismus, der lieber in der Sakristei bleibt, die Welt in ihren Notlagen meidet und dem Status frönt. Viele Priester picken sich oft nur die schönen Seiten heraus und lassen die Laien die ‚Drecksarbeit‘ machen. So ist die gestaltende und entscheidende Arbeit der Pfarrgemeinderäte ganz sicher nicht angelegt. Manche nehmen wahr, dass alles zu brav geworden ist und die Systemerhaltung in den Mittelpunkt rückt. ‚Macht Krach‘, fordert der Papst auf. Das Neue darf nicht einfach hinausgezögert werden, und wer das Neue bringen will, soll herzlich willkommen geheißen werden. Gerade das prophetische Element von Kirche wurde in den letzten Jahrzehnten nicht willkommen geheißen. Bei der PGR-Wahl besteht die Möglichkeit, Menschen, die für etwas brennen, zu benennen und zu wählen“, stellt das KAÖ-Präsident:innen-Team fest.
Kirchliche Ressourcen gehören den Gemeinden
Die Pfarren und damit auch die KA-Gruppierungen werden Freiräume für neue Begegnungen aufmachen. Da meinen wir wirklich Pfarrhöfe und Pfarrzentren mit allen Ressourcen, die damit verbunden sind. Die barrierefreie Zugänglichkeit für die Vielen muss sich in der Schlüsselgewalt für diese Gebäude ausdrücken. Verantwortung breit gestreut bedeutet Lebendigkeit und gemeinsame Obsorge. Die kirchlichen Ressourcen gehören den Gemeinden, dem Gemeinwohl und sind im jeweiligen Gemeinwesen, in dem die Pfarrgemeinde drinnen steht, in der ‚gemeinsamen Dienstfunktion‘.“
Der ungeschminkte Blick auf Jesus
„Es wird in jedem Fall eine spannende Aufgabe, aktiv auf jene Menschen zuzugehen, die von ihrer Sache wirklich begeistert sind. Das muss im ersten Anflug gar nicht kirchlich sein. Es wird viel mehr Mut zu ganz neuen Menschen brauchen, die Überraschungen bringen. Das wird heißen, alles in Beziehung zu denken. Alles ist mit allem verbunden. Das wird die besondere Chance der Pfarrgemeinden und der kirchlichen Knotenpunkte. Der ebenfalls ungeschminkte Blick auf Jesus und das neue gemeinschaftliche Handeln, wie es zu Pfingsten angedeutet und gefeiert wird, gibt Orientierung, wenn es um das soziale Tun, die Liturgie, die Verkündigung und den weiten Raum des gemeinschaftlichen Lebens geht. Es wird sich etwas ändern und genau dieses Ändern gilt es zu leben, gemeinsam zu gestalten, gemeinsam zu verantworten.“
Der PGR ist entscheidend, entscheidet
„Als KAÖ, die wir uns konsequent dem synodalen Weg von Papst Franziskus angeschlossen haben, sehen wir im Pfarrgemeinderat nicht einfach die ‚beratende Funktion‘, sondern viel mehr die ‚Entscheidungsgemeinschaft‘, in die auch ein Priester hineingenommen ist. Wir verweisen auf Beispiele, die hier schon jahrelang als Modell und teils aus Not so gelebt werden. Und genau dieses Gestalten ist für Jugend, Frauen und Männer spannend, wenn sie wirklich in die volle Verantwortung gehen können, oftmals ohnehin müssen. Das ist keine Notlösung, sondern die Dauerlösung. Entscheidend ist der PGR: Er entscheidet. Die Wirkmacht liegt bei den Getauften und ihren gemeinsamen Beratungen und Entscheidungen. Kein PGR wird Fahrt aufnehmen, wenn er sich mit autokratisch-klerikalen Männern herumschlagen muss. In so einem Fall erlischt das Feuer und das Engagement der Vielen. Konkret ermutigen wir, jene Pfarren anzuschauen und sich als Beispiel für die Arbeit in die Zukunft hinein zu nehmen, die sich ‚die Pfarre nie nehmen haben lassen‘. Erwachsen aus dem Verständnis des Vatikanum II haben sich dort ‚breite Verantwortungsbereiche‘ entwickelt und über Generationen erhalten. Dort sind heute wieder Junge da, die Wortgottesfeiern und Kinder- und Familiengottesdienste halten oder die eine Pfarrgemeinde mit einer Generalmandatsträgerin in Selbstverwaltung führen. Wir erinnern an Bischof Erwin Kräutler, der immer wieder ermutigt hat: ‚Wartet nicht, bis ein Priester kommt. Tut.‘ Und wenn Priester da sind, werden sie ‚mitgenommen‘.“
Geht wählen!
„Als KAÖ ist es uns ein Anliegen, Ermutigung auszustrahlen und zu betreiben, damit so etwas wie die ‚größte gemeinsame Vielfalt‘ wachsen kann, einen guten Platz bekommt. Wichtig ist, in der ehrenamtlichen Leitungsaufgabe klar und transparent zu agieren und dem Trüben und Unklaren von Beginn an keinen Platz zu geben. Es wird auf ein gutes und feines Hinhören ankommen und das ‚Stärkt-einander‘. Dabei gilt, was Papst Franziskus immer wieder betont: Lieber eine verbeulte und dreckig gewordene Kirche als eine reine, saubere und ruhige. In diesem Sinn rufen wir allen zu: Habt Mut, schöpft Vertrauen und geht wählen!“
(ps/16.3.2022)