Stärken stärken, Gelungenes erzählen, Nicht-Stimmiges verändern
Die Katholische Aktion Österreich (#kaoe) sieht im derzeit laufenden „Synodalen Prozess“ in der katholischen Kirche viele ermutigende Signale, aber auch „bremsende und nicht-stimmige Elemente“. Das stellt das Präsident:innen-Team der KAÖ in einer ersten Rückmeldung zum Synodalen Prozess an die Österreichische Bischofskonferenz fest. Die Bischöfe haben um eine solche Zwischenbilanz bis 15. April gebeten.
Die Katholische Aktion hebt hervor, dass sie selbst dem Prinzip der Synodalität verpflichtet ist und sich entsprechend organisiert: durch Kooperation, Teilhabe und Mitbestimmung, durch Wahl ihrer Verantwortlichen auf allen Ebenen durch die Mitglieder und in synodalen Versammlungen. Die Verantwortlichen werden sozusagen „von der Basis direkt hinaufgewählt“. Da sind die KA und ihre Gliederungen das einzige Segment in der Kirche, das so konsequent und in der Fläche synodal ist, nicht erst wird.
Inhaltlich werden in der KA bis Pfingsten Dossiers zu fünf Themen erarbeitet: Ökologie und Mitweltgerechtigkeit; Arbeit und soziale Fairness; Geschlechtergerechtigkeit und Leitungsgewalt; Beteiligung und Partizipation; Der Weg zum Frieden. Diese Themen werden nach dem inneren KA-Prinzip „Sehen“ (d.h. ungeschminkt wahrnehmen), „Urteilen“ (d.h. einschätzen, bewerten) und „Handeln“ (d.h. umsetzen) erarbeitet.
„Offene Gespräche, die hinhören“
Dazu wird auch eine Reihe von offenen „Gesprächen, die hinhören“ geführt. „Wir wollen vor allem auf Menschen zugehen, die ganz anders leben, von denen wir uns entfremdet haben, die in ganz anderen ‚Welten‘ daheim sind, die von einer Gesprächseinladung überrascht sein werden, die wir schon abgeschrieben haben, die weggegangen sind, die uns kritisieren, ja sogar ‚bekämpfen‘ oder ignorieren. Fremdes bereichert. Überraschend kann uns Neues entgegenkommen“, heißt es dazu von Seiten des KAÖ-Präsident:innen-Teams.
„Als synodale, kooperative und partizipative ‚Kirche der Getauften‘ wissen wir, dass Gott immer im Fremden gekommen ist, draußen und jenseits der Komfortzone. Kirche wird ihren Weg in die gemeinsame Zukunft nicht linear in liebgewonnen Gewohnheiten finden. Gehen wir raus und verbünden wir uns neu. Dabei haben wir immer die jesuanische Grundfrage dabei: Wie kommt mit und durch mich, durch uns mehr Liebe, Empathie, Achtsamkeit in diese Welt?“
Gleichzeitig soll „Prototypisches gelungener, gelebter und ausprobierter Synodalität“ aufgespürt und davon erzählt werden. „Wie Synodenpilger:innen machen wir uns auf den Weg, diese nährenden und inspirierenden Orte aufzuspüren. Da zählt nicht Größe, Leistung oder Ranking. Wir verlassen alle Zahlen, Listen und Excel-Zellen. Das Tun und das Bemühen, den Wandel und die Transformation hin zu einem guten Leben für und mit allen Menschen in Fairness und Mitweltgerechtigkeit, Scheitern inklusive, hat unsere Aufmerksamkeit. Wir lösen uns dabei bewusst von unseren ‚kirchlichen Milieus‘ und gehen ‚in die Fremde‘.“
Die KAÖ-Verantwortlichen verweisen dabei auf das Beispiel Jesu: „Mit Geschichten, Gleichnissen, Begebenheiten und Taten hat er das heilsame Leben zugänglich gemacht. Er rührte Menschen an, ging auf Menschen direkt zu, rüttelte ihre Selbstwirksamkeitskräfte wach. Er selbst war hellwach. Dazu war er kritisch gegenüber allen Menschen und Strukturen, die Leben unterdrücken, gebeugt und schwergemacht haben. Seine Leidenschaft: Der Mensch soll frei atmen, aufrecht gehen und sich geschwisterlich verbünden – im Angesichte Gottes.“
Bedenken, Frustrierendes und Bremser
Zu den bisherigen Erfahrungen schreibt das KAÖ-Präsident:innen-Team, es seien immer wieder große Bedenken zu hören, dass diese synodalen Prozesse die wiederholte Auflage von „Dialogen ohne konkrete Veränderungen“ werden. Die Kirchenstrukturen produzieren ihre Randgruppen immer stärker selber: ehemals engagierte Katholik:innen erlebten sich als „rausgedrängt“, die Folgen seien fehlende Motivation und Resignation. Mancherorts bestehe eine Wahrnehmung des Synodalen Prozesses als „letzte Chance“ für die Kirche bzw. Hoffnung für die Zukunft der Kirche. Man werde als KA daher immer wieder ermutigt: „Setzt alles daran, dass sich tatsächlich etwas ändert.“ Positives Echo auf den Synodalen Prozess sei dort und da von der jüngeren Generation und Jugend gekommen, weil sie sich zum ersten Mal „gefragt fühlen“.
Was die bereits vorhandene Realität an synodalen Strukturen und Elementen betrifft, bestehe in der Kirche zum einen eine gewisse Selbstüberschätzung („Wir sind ja eh schon synodal“), gleichzeitig seien „große Gegensätze sichtbar“ (synodales Tun prallt auf hierarchisch verfasste Kirche). Ein besonderes Thema sei immer wieder, wie die Priester in den synodalen Prozess nicht nur eingebunden werden, „sondern in die synodale Denkweise und konkreten Handlungsparameter eingeführt bzw. sie ihnen auch ‚verpflichtet‘ werden“.
Als „Bremser“ im Synodalen Prozess nennen die KAÖ-Verantwortlichen beispielhaft den tatsächlichen „Verfassungsfehler der römisch-katholischen Kirche“ mit der Ungleichbehandlung der Geschlechter im Zugang zu Ämtern und Diensten, weiter die „autokratische und geheim ablaufende Form der Bischofsbestellung“ ohne Einbeziehung des „vor Ort gehenden Volkes Gottes“. Es müsse eine Form der „Wahl des Bischofs“ geben. Das setze sich fort in die Pfarren, Gemeinden und pastoralen Knotenpunkten, wo „Pfarrer vorgesetzt und von oben zugeteilt“ werden. Das missachte jede lebendige Entwicklung in „verbindliche Selbstorganisation“, wie etwa soziologische Studien von verschiedenen Religionssoziologen gezeigt hätten.
(jp/20.4.2022)