Ermächtigen und nicht Macht über
Der hl. Florian ist zum Vor- und Sinnbild von Zivilcourage und Widerstand in menschenfeindlichen und unterdrückenden Strukturen geworden. Am 4. Mai 304 wurde der Christ und Staatsbeamte nahe der heutigen Stadt Enns in Oberösterreich zu Tode gebracht. Warum? Florian ließ seine Glaubensgefährt:innen in einer gewaltgetränkten und streng hierarchischen Zeit („top down“) nicht im Stich und widersetzte sich so der überbordenden Macht. Die römische Staatsgewalt hat sie wegen ihres Lebens und Glaubens in Bedrängnis gebracht und verfolgt. Ihre Not hat er zu seiner Not gemacht und ist im wahrsten Sinne des Wortes in die Compassion gegangen. Dafür ist er gestorben und für alle Zeiten ein solidarisches und widerständiges Vorbild geworden, gerade auch für unsere Zeiten, in Gesellschaft und Kirche.
Diese mutige Haltung braucht es heute wieder mehr denn je. Er verließ seinen gesicherten Ort und seine Komfortzone und stellte sich in die Schar seiner bedrohten Mitchrist:innen. Mit seinem mutigen Zeugnis für ein jesuanisch-christliches Leben ermuntert er uns alle, ganz persönlich und direkt in die Verantwortung zu gehen und sich ihr zu stellen. Es kommt auf jede Christin und jeden Christen an, dem persönlichen Gewissen zu folgen und immer solidarisch zu handeln.
Ermächtigen anstatt unterordnen
Mit einer gewissen Sorge nehmen wir in diesen Zeiten wahr, dass nicht nur in der Gesellschaft, sondern genauso in der Kirche „unterordnende und streng einordnende Kräfte“ am Werk sind. Unzählige Wahrnehmungen werden uns geschildert, dass Strukturprozesse und Neuordnungen von ganzen Diözesen der Tonalität der Unterordnung und des Macht-über-gewinnen folgen und weniger der Ermächtigung und des Aufrichtens der Engagierten.
Ein bedenkenswerter Strategieprozess findet aktuell in St. Pölten statt. Dort freiwillig Engagierte schildern konkrete Bedenken, dass ein Konzeptpapier in Umlauf ist, in dem die klare Unterordnung unter die Diözesanleitung nur noch eindimensional als Vorgabe von oben nach unten verstanden wird und beispielsweise die Katholische Aktion als Laienapostolische Organisation aus der Diözese ausgegliedert werden soll. Das steht dem aus dem Zweiten Vatikanum kommenden Impuls der gemeinsamen Verantwortung, gerade auch der Ehrenamtlichen und Freiwilligen, diametral entgegen. Im Konzept sollen festgehalten werden, dass sich die Diözesanleitung je nach Bedarf dieser "Gruppierung" bedient und sie entsprechend nach Leistung finanziert. Von offener Mitsprache auf Augenhöhe ist nicht mehr die Rede. Im Kern geht es nicht um Ermächtigung der Gläubigen, sondern um die Macht über sie.
Ein anderes Beispiel erreicht uns beispielsweise aus Oberösterreich, dem Bundesland, das den hl Florian als Landespatron hat. Auch dort heißt es, dass bisher durch die Delegation von Seelsorgebereichen an die Katholische Aktion die größte Laienorganisation in der Katholischen Kirche in der Diözese auch eine gewisse Machtposition, über die kein Bischof so einfach drüberfahren konnte, hatte. Die neuen Diözesanen Dienste werden so etwas wie die Ministerien des Bischofs. Wichtige Teile des bisherigen Pastoralamtes waren unter Führung der Katholischen Aktion und damit unter Führung von gewählten Ehrenamtlichen und somit ein fortschrittliches erfolgreiches demokratisches Leitungs-Modell in Linz. Warum kann diese demokratische Tradition nicht fortgesetzt werden?
Synodalität bleibt "ortlos" und beliebig
Als Leitung der KAÖ sehen wir in diesem Zusammenhang Entwicklungen, die einen klaren Widerspruch zum Bemühen des Papstes darstellen, die Kirche in einen synodalen Prozess zu stellen. In mehreren Diözesen sind unter Anleitung externen Berater solche „Neuordnungen“ im Gange, die gewählte und freiwillig Engagierte aus der Entscheidungsmacht hinausdrängen. Hellwach verfolgen wir diese Entwicklungen, weil das synodal-partizipativ-kooperative Prinzip der Kirche damit „ortlos“ und beliebig wird. Die Grundbewegung einer "buttom up"-Kirche ist keine Attitüde, sondern ist Diözese selber. Gerade eine Wahl von unten, aus dem Kirchenvolk heraus, muss in diesen Zeiten des synodalen Prozesses gestärkt werden und die Körpersprache der Kirche synodal und kooperativ, selbstorganisiert und auch letztverantwortlich in Balance zur jeweiligen Diözesanleitung gebaut werden.
Das paternalistische Kundendenken mit Dienstleistung und Service ist aus unserer Sicht und Einschätzung nicht wirklich jesuanisch-christlich. Als Christinnen und Christen sind wir Miteigentümer und nicht einfach Kunden. Miteigentümer engagieren sich für das Gemeinsame, Kunden gehen, wenn das Service nicht mehr passt. Es geht also um volle Teilhabe am diözesanen Geschehen als Teil der Diözese. Jede Katholischen Aktion mit ihren Gliederungen ist (auch von den Statuten her) Diözese und nicht einfach Partner einer „Hierarchiespitze und ihren ausführenden Organen“.
Deshalb braucht das Netz der Katholischen Aktion aus Gliederungen, Foren, Initiativen und Projekten eine kollegiale Präsenz und Repräsentanz auf Augenhöhe mit der hierarchischen Präsenz des Bischofs, um Wirkmacht entfalten zu können. Es braucht als eine Stärkung der KA und keine Ausgliederung und Relativierung. Der hl Florian ist uns dabei ein Vorbild, wie er diese solidarische Wirkmacht entfaltet - zusammen mit den Gefährtinnen und Gefährten. Sein Motiv war Liebe und Compassion.
(jp/2.5.2022)