"Kirche im Aufbruch"
Trotz möglicher Widerstände in Rom bekräftigen die deutschen Katholiken ihre Forderungen nach grundlegenden Kirchenreformen. Bei der vierten Vollversammlung des Reformprojekts "Synodaler Weg" der Katholischen Kirche in Deutschland von 8. bis 10. September 2022 in Frankfurt riefen Bischöfe, Priester und Laien unter anderem den Papst auf, über die Priesterweihe von Frauen neu nachzudenken. Das lehnt die katholische Kirche bisher strikt ab.
Der Synodale Rat
Als zukunftsweisend werteten viele Synodale insbesondere den Beschluss zur Einrichtung eines Synodalen Rates: 93 Prozent der Mitglieder der Synodalversammlung stimmten für einen Synodalen Ausschuss, der den Synodalen Rat für die katholische Kirche in Deutschland vorbereiten soll. Unter den Synodalen stimmten auch 88 Prozent der Bischöfe dafür.
"Diese guten Erfahrungen auf dem Synodalen Weg sind die Grundlage dafür, die Synodalität der katholischen Kirche in Deutschland weiter zu stärken. Das Miteinander von Bischöfen und Gläubigen auf der überdiözesanen Ebene soll zur ständigen Praxis werden." (s. Vorlage zur Abstimmung)
„Wir brauchen für die Zukunft unserer Kirche die Bereitschaft, wirklich synodal zu entscheiden. Ich bin froh, dass wir bei dieser vorletzten Synodalversammlung ein klares Zeichen in diese Richtung gesetzt haben“, sagte die Präsidentin des Synodalen Weges, Irme Stetter-Karp. „Wir sind bereit, schwierige Entscheidungen gemeinsam mit den Bischöfen zu treffen. Wir haben uns in Deutschland in diese Synodalität eingeübt. Und wir merken, wie gut sie uns tut. Gemeinsam zu entscheiden, macht alle stärker.“
Das Votum, so Synodalität auf Dauer zu stellen, wurde flankiert von weiteren, mit großer Mehrheit beschlossenen Texten. So wurden der Grundtext „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ und die Handlungstexte „Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität“ und „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ in zweiter Lesung mit großer Mehrheit beschlossen. In erster Lesung wurden zur weiteren Bearbeitung die Texte „Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt“, „Enttabuisierung und Normalisierung – Voten zur Situation nicht-heterosexueller Priester“ und „Verkündigung des Evangeliums durch Frauen in Wort und Sakrament“ angenommen.
„Frankfurt ist kein Desaster, wie manche Kritikerinnen und Kritiker meinen. Frankfurt zeigt eine Kirche im Aufbruch“, so Bischof Georg Bätzing, Präsident des Synodalen Weges. Wie Frau Stetter-Karp würdigte er vor allem den Beschluss zum Synodalen Rat, mit dem das synodale Prinzip verstetigt werde. „Es sind noch viele Fragen zu klären, aber ich bin froh, dass wir den wichtigen Schritt jetzt gegangen sind und der Beschluss auch mit einer sehr hohen Zustimmung von uns Bischöfen getroffen wurde. Jetzt liegen weitere Aufgaben vor uns: In der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz werden wir diese Synodalversammlung reflektieren und überlegen, wie wir mit den Texten und Dynamiken weiterarbeiten.“ Viele Blicke richteten sich dann auf den Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom im November 2022. „Das ganze Gepäck der bisherigen Synodalversammlungen nehmen wir mit. Das sind mehrere Koffer mit einigem Gewicht. Aber – das habe ich jetzt in Frankfurt gespürt – wir sind bereit für diesen Transport und ich bin gespannt auf den Austausch in Rom.“
"Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche"
Der Vizepräsident des Synodalen Weges, Bischof Franz-Josef Bode, zeigte sich ebenfalls dankbar, dass der erhebliche Rückschlag der Synodalversammlung vom Donnerstag überwunden werden konnte. Mit dem am Freitag verabschiedeten Dokument „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ habe die Versammlung „in voller Fahrt die Kurve gekratzt. Ich bin dankbar für die intensive und differenzierte Debatte“, so Bischof Bode. Er fügte hinzu: „Diese Synodalversammlung hat gezeigt, dass es eine Entwicklung von einer kontroversen zu einer differenzierten Aussprache gab. Und genau das hat sich positiv auf das Frauenpapier ausgewirkt. Ich gehe so weit: Mit der Entscheidung des Frauendokumentes haben wir ein Stück Geschichte geschrieben – der Kirche in unserem Land und der Kirchengeschichte weltweit. Schon jetzt bin ich gespannt, wie das Dokument in anderen Ländern aufgenommen wird.“ Jetzt liege es an den Bischöfen, Laien und Gremien in den Bistümern, sich vom Rückenwind dieses Beschlusses bewegen zu lassen.
Gemischte Reaktionen
Erste Reaktionen fielen gemischt aus: Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) forderte mehr Reformbereitschaft der Bischofskonferenz. Trotz "kleiner, aber wichtiger Schritte" seinen noch kaum systemische Änderungen angestoßen worden, die Missbrauch wirksam verhindern könnten.
Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) erklärte, das Scheitern des Reformtextes zur Sexualmoral habe "fassungslos" gemacht. Danach aber sei es möglich geworden, offen und ehrlich zu diskutieren und zu wegweisenden Beschlüssen zu kommen. Besonders wichtig sei der Grundtext zu Frauen in der Kirche: "Wir erhoffen uns hier von Rom ein Überdenken der bisherigen Regelungen zum Priesteramt."
Fünftes Treffen im März 2023
Das fünfte und voraussichtlich letzte Treffen soll nach derzeitiger Planung im März 2023 stattfinden. Dann soll es auch um weitere Themen und Texte gehen, die diesmal in erster Lesung behandelt wurden.
Weitere Informationen (Quellen):
Pressemeldung des ZdK: Vierte Synodalversammlung des Synodalen Weges beendet
Kathpress: Deutsche Katholiken wollen grundlegende Reformen in der Kirche
(ps/12.9.2022)