„Eine Kirche, die stillsteht, bleibt zurück“
Der Rückblick auf die Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 60 Jahren am 11. Oktober 1962 ist vor allem ein Ausblick, eine Ermunterung, den Blick nach vorne zu richten. Das Konzil hat eine Reihe von entscheidenden und tiefgreifenden Reformen auf den Weg gebracht, ausgehend vom neuen Selbstverständnis der Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen, als „Volk Gottes“, und dem Ziel eines Lebens und Wirkens der Kirche, das sich den Erfordernissen der Zeit stellt. Die katholische Weltkirche sollte einen „Sprung nach vorne“ machen, wünschte Papst Johannes XXIII. in seiner Eröffnungsansprache. Er plädierte für eine Verheutigung („Aggiornamento“) der Kirche.
In den ersten Jahren nach dem Konzil wurden viele der Reformanliegen auf den Weg gebracht und umgesetzt. Wie schon während des Konzils gab es und gibt es bis heute ein Ringen zwischen reformorientierten und konservativen Kräften, wobei in einem gewissen Abstand zum Konzil letztere erstarkten und wieder mehr Einfluss gewannen. Die Erneuerung geriet ins Stocken, besonders auch im Blick auf verstärkte Mitentscheidungsmöglichkeiten der Laien; viele Gläubige erlebten die Kirche nicht mehr „im Sprung nach vorne“, sondern „im Sprung gehemmt“.
Papst Franziskus versucht, „die Bremse zu lösen“. Er weiß, eine Kirche, die stillsteht, die im Erreichten verharren will, bleibt zurück, wird von vielen nicht mehr als jene Gemeinschaft erlebt, die mit ihnen unterwegs ist bzw. mit der sie gemeinsam unterwegs sein können. Franziskus hat daher einen „Synodalen Prozess“ gestartet, der die katholische Weltkirche wieder auf den Weg einer lust- und kraftvollen Erneuerung bringen soll, aus Treue zu ihrer Sendung und Aufgabe.
Im Synodalen Prozess auf diözesaner und nationaler Ebene haben wir als Katholische Aktion Österreich unsere Anliegen formuliert und eingebracht. Sie sind nachzulesen in fünf Themendossiers: Beteiligung und Mitverantwortung; Ökologische Umkehr und Mitweltgerechtigkeit, Arbeit und soziale Fairness; Der Weg zum Frieden; Geschlechtergerechtigkeit (siehe www.kaoe.at/dossiers). Österreichs Bischöfe haben in einer „nationalen Synthese“ die Wünsche und Hoffnungen der Gläubigen zusammengetragen; sie werden an die Synoden-Verantwortlichen im Vatikan weitergeleitet.
Als Katholische Aktion hoffen wir sehr, dass das von Franziskus initiierte Reformbestreben von Erfolg gekrönt wird. Auch zum Auftakt des Zweiten Vatikanischen Konzils gab es viel Zweifel und Widerstand. Der „Geist Gottes, der alles neu macht“, war dennoch stärker. Auf ihn vertrauen wir.
(ps/10.10.2022)