Von Zivilcourage zu politischem Widerstand
Gut 150 Menschen gedachten am 7. Oktober 2022 in der Pfarrbaracke Ternberg auf Einladung der Katholischen Jugend der Region Ennstal der Opfer des Nationalsozialismus im KZ-Außenlager Ternberg. Die Gedenkrede hielt die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures.
Das Gedenken in Ternberg fand heuer bereits zum 14. Mal statt. 2008 war im Zuge der größten Jugendsozialaktion Österreichs „72 Stunden ohne Kompromiss“ – organisiert von der Katholischen Jugend Österreich in Zusammenarbeit mit youngCaritas und Hitradio Ö3 – mit 45 Jugendlichen aus den Dekanaten Weyer und Steyr im Keller der Pfarrbaracke in Ternberg ein Gedenkraum installiert worden. Seither findet hier jährlich eine Gedenkfeier statt, ebenso werden auf Anfrage Führungen angeboten und auch ein pädagogisches Begleitkonzept wurde erarbeitet.
Von Zivilcourage zu politischem Widerstand
Die heurige Gedenkfeierstand stand gemäß dem Jahresschwerpunkt des Mauthausen Komitees Österreich unter dem Motto „Politischer Widerstand“. Anita Buchberger, Initiatorin des Gedenkraums und Beauftragte für Jugendpastoral im Dekanat Weyer, und Reinhard Fischer, Regionskoordinator Linz +, führten durch die Feier und erinnerten zu Beginn daran, dass das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein zentrales gesellschaftspolitisches Anliegen der Katholischen Jugend OÖ sei und es für sie zum Selbstverständnis gehöre, sich für Toleranz und Nächstenliebe im Zusammenleben einzusetzen.
Bekenntnis zum Frieden im Sinne eines Niemals-Wieder
Magdalena Lorenz, ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Oberösterreich, verwies in ihrem Grußwort auf die mehrfache Bedeutung von Gedenken: „Zunächst einmal bedeutet Gedenken, etwas zu beabsichtigen. Es ist notwendig, sich immer vor Augen zu halten, wozu Menschen fähig sind, und sich im Sinne eines Niemals-Wieder zum Frieden und zum Einsatz dafür zu bekennen. Zweitens bedeutet Gedenken, an jemanden oder etwas ehrend und anerkennend zurückzudenken. Wir gedenken all jener Menschen, die zum Opfer eines grausamen und menschenverachtenden Systems geworden sind, und sagen ihnen dadurch den ihnen gebührenden Platz in der Geschichte zu. Drittens bedeutet Gedenken, sich an die Existenz von etwas zu erinnern. Wir denken daran, dass es inmitten all des Leids Menschen gab, die gegen die Gräuel des Nationalsozialismus und die Unmenschlichkeit des Dritten Reichs Widerstand geleistet haben und deshalb unsere besondere Bewunderung verdienen.“ Als Beispiele nannte Lorenz Namen wie Hans und Sophie Scholl, Bischof Clemens August Graf von Galen, Oskar Schindler und Dietrich Bonhoeffer. Widerstand brauche eine Quelle, aus der er sich speisen könne: einen gleichsam angeborenen Mut oder einen Hang zur Aufmüpfigkeit, weltanschauliche Überzeugungen oder den Glauben, der „die Frage nach einer Hoffnungsdimension stellt, die das rein Irdische und Unmittelbare überschreitet“, so Lorenz. Nicht zuletzt sei es Aufgabe der Jugend, „mit ihren Störungen anzuecken, wachsam zu sein und Widerstand zu leisten, bevor es zu spät ist“, zeigte sich Lorenz überzeugt.
„Demokratie ist eine Haltung, wie wir miteinander umgehen und aufeinander zugehen“
Für die heurige Gedenkrede konnte eine namhafte Rednerin gewonnen werden. Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures kann auf langjährige Erfahrung im Nationalrat zurückblicken, sei es als Abgeordnete zum Nationalrat, als Bundesministerin oder als Zweite Nationalratspräsidentin. Für sie ist das Parlament der Ort, wo vorgelebt werden muss, was Demokratie ist.
Breit mitgetragenes Gedenken
Die musikalische Gestaltung oblag dem Bläser-Ensemble des Musikvereins Ternberg und dem Jugendchor „re-member“. Das Anliegen des Gedenkens in Ternberg wird mittlerweile sehr breit mitgetragen. Als Mit-Veranstalter fungierten die Markt- und Pfarrgemeinde, der Musikverein, das Rote Kreuz, das Katholische Bildungswerk, die Katholische Frauenbewegung, die Katholische Männerbewegung, die Landjugend und das Mauthausen Komitee Österreich. Zahlreiche Ehrengäste aus der kirchlichen und politischen Öffentlichkeit nahmen an der Gedenkfeier teil.
Gedenkfeier 2022: „Politischer Widerstand“ mit Doris Bures und Bischof Manfred Scheuer
Magdalena Lorenz, ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Oberösterreich © kj oö / Haijes
Am Foto (v.l.n.r.): Anita Buchberger (Initiatorin des Gedenkraums und Beauftragte für Jugendpastoral im Dekanat Weyer), Martin Kranzl-Greinecker (Vorstandsmitglied im Mauthausen-Komitee Österreich), die Zweite Nationalratsvorsitzende Doris Bures, Bischof Manfred Scheuer © kj oö / Haijes
Die Katholische Aktion wirkt in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Bischofskonferenz im Mauthausen Komitee Österreich mit.
(ps/13.10.2022)