„Solidarische und soziale Wirtschaft als Weg aus den Krisen stärken“
Für eine Stärkung solidarischen Wirtschaftens und sozial-ökonomischer Unternehmen setzt sich die Katholischen Arbeitnehmerbewegung Österreichs (KABÖ) ein. „Alle Formen solidarischer Ökonomie sind eine wichtige Säule des dringend nötigen Umbaus unserer Wirtschaft angesichts der sozialen Spaltung und der ökologischen Krise“, unterstreicht die KABÖ in einer Aussendung am Donnerstag.
Es gibt auch in Österreich Initiativen und Projekte, Genossenschaften und Vereine, Stiftungen und soziale Unternehmen, die der „Social Economy“ zuzurechnen sind. „Sie zeichnen sich nach EU-Definition aus durch den Vorrang des Menschen vor dem Gewinn, die Re-Investition der größten Teile von Gewinn und Überschüssen zur Durchführung von Aktivitäten im Interesse der Mitglieder oder der Gesellschaft sowie durch demokratische und partizipative Führung“, hält die Arbeitnehmerbewegung fest.
Die Europäische Kommission hat 2021 einen Aktionsplan zu Aufbau und Förderung einer Wirtschaft im Dienste des Menschen vorgelegt. In den nächsten 10 Jahren sollen in allen Ländern bessere Rahmenbedingungen für soziale Ökonomie geschaffen werden. Die Etablierung solcher Unternehmen soll auch finanziell gefördert und durch Schulungen und grenzüberschreitenden Austausch gestärkt werden. Die KABÖ wird sich daher an Initiativen beteiligen, mit denen in Österreich über die Chancen solidarischen Wirtschaftens informiert wird und die politisch Verantwortlichen diesbezüglich in die Pflicht genommen werden.
Krisen gemeinsam überwinden
Die KABÖ hatte bei ihrer jüngsten Bundeskonferenz in Wien Fragen der solidarischen Ökonomie einen Schwerpunkt gewidmet. Im Umfeld der Konferenz lud sie zudem zu einer Präsentation des Buches "Ökonomien der Gabe" von Andreas Exner. Das Buch trägt den Untertitel „Frühsozialismus, Katholische Soziallehre und Solidarisches Wirtschaften“. Exner, Ökologe und Politikwissenschaftler, schildert darin, wie die Fortschreibung der derzeit praktizierten Form des Wirtschaftswachstums immer tiefer in ökologische Katastrophen und wachsende Ungleichheit führt und die Demokratie untergräbt, da die zunehmende Unsicherheiten autoritäre Tendenzen fördern.
Aufgrund ihres umfassenden Charakters erfordere die sozial-ökologische Krise ganzheitliche Antworten, so Exner, der u.a. das Regional Centre of Expertise (RCE) Graz-Styria – Zentrum für nachhaltige Gesellschaftstransformation leitet. Er spannt in seinem Buch einen Bogen von der bäuerlichen Wirtschaftsweise über den Frühsozialismus und die Katholische Soziallehre hin zu den heutigen Formen solidarischer Ökonomie und sozialen Wirtschaftens.
Der Bundesseelsorger der KABÖ, Karl Immervoll, führte in das Buch ein. Exner proklamiere darin eine Wirtschaft, die von guten sozialen Beziehungen geprägt ist, von Gleichheit, Gerechtigkeit und Mitgestaltung. Es ist eine Wirtschaft, die den Namen der „oikonomia“, der „Sorge ums Haus“ verdient. Das Buch sei eine Anregung für einen Weg zu einem guten Zusammenleben, zu Konvivialität.
Beispiele einer Neuausrichtung der Wirtschaft auf regionaler wie internationaler Ebene standen bei einem anschließenden Podium, moderiert von Margit Appel, im Mittelpunkt. Die Ökonomin Katharina Mader unterstrich die Notwendigkeit eines feministischen Blickes auf die Wirtschaft in Theorie und Praxis. Der Politikwissenschaftler Hendrik Wagenaar schilderte die Aktualität von Genossenschaften und Commons am Beispiel der Niederlande. Aus der Praxis der Mitmach-Supermärkte berichtete Julianna Fehlinger, Obfrau des Vereins MILA. Der Theologe und Pädagoge Martin Jäggle forderte erneut ein, dass die Kirche den Beitrag des Sozialismus für die Gesellschaft endlich zu würdigen habe.
Einladung zu „Würfeldiskussionen“
Die KABÖ lädt alle Interessierten zu einer weiteren Auseinandersetzung mit den Themen ein. Sie verweist auf das Dossier „Arbeit und soziale Fairness“, das als Beitrag zum Synodalen Prozess im Rahmen der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) erarbeitet wurde. Die KABÖ bietet dazu einen „Diskussionswürfel“ an. Unter dem Titel „Reden wir mal über …“ kann der Würfel in Gesprächsrunden, Pfarrkreisen, bei Stammtischen und anderen Gelegenheiten eingesetzt werden. Auf den verschiedenen Seiten des Würfels wird mit Fragen zur Diskussion über Themen wie Care-Arbeit, Reichtum und Armut, gute Arbeit, Grundeinkommen, Absicherung bei Arbeitslosigkeit u.a. angeregt. „Diese Themen bewegen die Menschen“, so Anna Wall-Strasser, Vorsitzende der KABÖ. „Wir freuen uns auf rege Diskussionen und auch Rückmeldungen.“ Der Würfel kann per E-Mail an kab.office@kaoe.at kostenlos bestellt werden. Der Würfel wird (gefaltet) per Post zugeschickt.
Das Dossier „Arbeit und soziale Fairness“ sowie die vier weiteren Dossiers der KAÖ zu den Themen Ökologie, Frieden, Geschlechtergerechtigkeit und Beteiligung können auf www.kaoe.at/dossiers heruntergeladen und bestellt werden.
(jp/27.10.2022)