Armutskonferenz: Soziale Menschenrechte in die Verfassung!
Die Armutskonferenz erinnert im Vorfeld des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10. Dezember an den langjährigen Plan, soziale Menschenrechte als Verfassungsrechte anzuerkennen. „Die Schönheit der Verfassung zu würdigen, heißt, sie um soziale Menschenrechte zu vervollständigen“, formuliert die Armutskonferenz in Anlehnung an ein mittlerweile geflügeltes Wort von Bundespräsident Alexander von der Bellen. „Auch das Regierungsprogramm sieht eine Erweiterung des Grundrechtekatalogs vor“, erinnert das Netzwerk, zu dessen Mitgliedern auch die Katholische Aktion Österreich (#kaoe) gehört.
Die Forderung zum Tag der Menschenrechte wurde gemeinsam mit Amnesty International (ai) erhoben. Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von ai-Österreich, betonte, wie wichtig die verfassungsrechtliche Absicherung der sozialen Menschenrechte ist: „Menschenrechte sind nicht teilbar. Das bedeutet, dass wir alle unsere Menschenrechte wirksam gewährleisten, also in der Verfassung verankern, müssen. Denn nur dann können Einschränkungen von sozialen Grundrechten, wie etwa beim Recht auf Wohnen oder beim Recht auf Bildung, auch geklagt werden.“ Gerade in Krisen – wie aktuell der Teuerungs- oder der Energiekrise – würden soziale Menschenrechte und die Überprüfung von Maßnahmen durch Höchstgerichte immer wichtiger. „Österreich ist Schlusslicht in Europa, in dem kein einziges soziales Grundrecht in der Verfassung verankert ist. Es ist an der Zeit, aufzuholen und das zu ändern“, so die Menschenrechtsexpertin.
Mindestversorgung und menschenwürdiges Dasein
Die Armutskonferenz hat dafür ein „Bundesverfassungsgesetz soziale Sicherheit“ erarbeitet, das neben der Gewährleistung eines „menschenwürdigen Daseins“ folgende Rechte vorsieht: das Recht auf Gesundheitsversorgung, das Recht auf Wohnen und das Recht auf Mindestversorgung. „Jeder Mensch hat das Recht auf Mindestversorgung, die ein menschenwürdiges Dasein, insbesondere materielle Sicherheit, soziale und gesellschaftspolitische Teilhabe, gewährleistet“, heißt es im Gesetzesentwurf der Armutskonferenz. Das Recht auf Wohnen umfasst angemessene Unterkunft, Delogierungsprävention und Schutz vor Diskriminierung. Das vorgeschlagene Bundesverfassungsgesetz würde das gesamte Menschenrechtsspektrum der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Österreich direkt in der Verfassung abbilden und damit auch die langjährige Forderung, die Rechte aus dem Pakt für wirtschaftliche soziale und kulturelle Rechte (BGBl. 590/1978) anzuerkennen, erfüllen.
Erweiterung des Grundrechtekatalogs notwendig
„Es ist jetzt der richtige Moment, um das Vorhaben der Regierung aufzugreifen, den Grundrechtekatalog zu modernisieren“, betont Martin Schenk von der Armutskonferenz. Das österreichische Verfassungsrecht enthält – anders als zum Beispiel das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland – weder soziale Grundrechte noch eine Sozialstaatsklausel oder einen speziellen Grundrechtsschutz für sozialrechtliche Leistungen. In der österreichischen Verfassung sind bereits wirtschaftliche Grundrechte – wie das Recht auf Erwerbs- und Eigentumsfreiheit – verankert, aber keinerlei soziales Grundrecht. „Es ist wichtig und unverzichtbar, dass unsere Freiheitsrechte vor staatlichen Übergriffen geschützt werden. Aber unser Grundrechtskatalog bleibt eine halbe Sache, wenn nicht auch die sozialen Existenzgrundlagen abgesichert werden“, betont die Armutskonferenz.
s. auch: www.armutskonferenz.at
(jp/7.12.2022)