QUART 4/2022: "Das Märchen von der nuklearen Abschreckung"
"Es ist ein Merkmal krisenhafter Zeiten, dass bislang Undenkbares gedacht, ausgesprochen, öffentlich diskutiert wird und auf diese Weise den Status der – wenn auch fragilen und umstrittenen – Denkbarkeit erlangt. Wer etwa hätte von einem umzäunten Europa gesprochen, ehe 2015/ 16 rund zwei Millionen Menschen in die EU fliehen wollten? Und wer hätte einen Nuklearkrieg als mögliches Szenario einer nahen Zukunft diskutiert, ehe der von Vladimir Putin angezettelte Krieg nicht den vom russischen Diktator gewünschten Verlauf nahm?
Letzteres, ein Atomkrieg, oder besser: die Wahrscheinlichkeit bzw. Unwahrscheinlichkeit eines Atomkriegs, ist Inhalt der Überlegungen von Thomas Hajnoczi, dem ehemaligen Leiter der Abrüstungsabteilung im österreichischen Außenministerium. Er weist darauf hin, dass die Rede vom Gleichgewicht des Schreckens unlogisch ist. Denn zu argumentieren, man habe Atomwaffen nur, um sie nicht einsetzen zu müssen, sei in sich widersprüchlich. Tomáš Sedláček wiederum rät allen, die die atomare Apokalypse und daher eine nur mehr kurz bemessene Lebensspanne befürchten, diese Zeit bewusst und liebevoll zu gestalten. Denn, so meint er, auch wenn ein Nuklearkrieg unwahrscheinlich ist, – im Bewusstsein zu leben, dass jeder Tag der letzte sein könnte, sei ein gutes Rezept.
Einen generellen Blick auf die aus den Fugen geratene Welt wirft Außenpolitikexperte Burkhard Bischof, und Heiner Boberski geht auf jene Unkenrufe ein, die unser demokratisches System als dysfunktional bezeichnen.
Andreas Batlogg SJ und Rainer Bucher schreiben über zwei Großereignisse der katholischen Weltkirche mit riesigem Veränderungspotenzial: Der eine über den von Papst Franziskus angeordneten Synodalen Prozess, eine, den weltumspannenden Dimensionen dieser Kirche entsprechende, gigantische Selbstreflexion, die letztlich innerhalb des Vatikan von den maßgeblichen Entscheidungsträgern diskutiert und vom obersten Leiter, dem Papst, für Weichenstellungen herangezogen werden wird, – oder auch nicht. Der andere, Rainer Bucher, ruft 60 Jahre nach Beginn des Zweiten Vatikanums in Erinnerung, wie groß die theologische und geistliche Wende war (oder sein könnte), die dieses Konzil angestoßen hat.
Cornelius Hell bespricht den großartigen Essay-Band der Bachmann-Preisträgerin Tanja Maljartschuk, deren Beobachtungen und Analysen ihre ukrainische Heimat und deren vielschichtiges Verhältnis zu Russland für un- bzw. fehlinformierte Westler fassbar machen.
Hartwig Bischof würdigt den 2022 102jährig verstorbenen großen Maler und Meister des Outre-Noir Pierre Soulages. Hans Kouba schreibt einen Brief an den ihm seit vielen Jahren vertrauten nunmehr 70jährigen Helmut Schüller und Maria Bodzenta erinnert an die heuer verstorbene Irmfried Speiser.
Und zuletzt lässt Magda Krön die KAVÖ-Reise in und durch die Slowakei als Fahrt durch ein Land am Schnittpunkt der Einflusssphären Revue passieren."
Quart (vormals actio catholica) ist Zeitschrift des Forums Kunst-Wissenschaft-Medien der Katholischen Aktion Österreich.
4 Ausgaben/Jahr; Jahresabonnement Euro 25,- (Ausland Euro 31,-), für KAV- und KHJ-Mitglieder Euro 20,- (Ausland Euro 26,-), Einzelheft: Euro 10,-.
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Siehe auch Beiträge der Katholischen Aktion zum Synodalen Prozess: Dossiers
(ps/9.1.2023)