Dreikönigsaktion: Bei Österreichs Veto gegen EU-Mercosur bleiben
Österreich darf beim Veto gegen das EU-Mercosur-Abkommen "nicht einknicken". Das hat die Dreikönigsaktion (DKA), das entwicklungspolitische Hilfswerk der Katholischen Jungschar, im Hinblick auf das am 9. März anstehende EU-Handelsminister:innentreffen gefordert. Die DKA appelliert in einer Aussendung vom 8. März an Wirtschaftsminister Martin Kocher - "auch im Namen unserer Partnerorganisationen aus Brasilien" - bei dem Treffen deutlich zu machen, dass das österreichische Nein zum Abkommen nicht "ausgehebelt" werden dürfe. Zudem müsse sich Österreich dafür stark machen, dass das von der EU geplante Exportverbot für in der EU verbotene Chemikalien möglichst rasch umgesetzt wird.
Von EU-Seite wird derzeit auf einen Abschluss des Abkommens mit dem lateinamerikanischen Mercosur ("Mercado Comun del Sur", dt.: Gemeinsamer Markt des Südens) gedrängt, das seit mehr als 20 Jahren verhandelt wird. "Der Schutz von Menschenrechten und Umwelt sowie die Gesundheit der Konsument*innen in Österreich müssen klar Vorrang haben", betont demgegenüber die DKA-Referentin für das Recht auf Nahrung, Isabelle Schützenberger. "Statt zu versuchen, das EU-Mercosur-Abkommen mit allen Mitteln durchzupeitschen, brauchen wir eine sozial-ökologische Neuausrichtung der EU-Handelspolitik." Zudem müsse die "Doppelmoral" gestoppt werden, in der EU verbotene Pestizide zu exportieren, so die Expertin: "Was in Europa giftig für Mensch und Umwelt ist, ist überall giftig!"
Die Dreikönigsaktion berief sich auf einen soeben veröffentlichten Greenpeace-Test, demzufolge Pestizide, deren Einsatz in der EU schon seit vielen Jahren verboten ist, über importierte Lebensmittel wieder auf heimischen Tellern landen würden. Jede fünfte Probe der von Greenpeace getesteten Früchte aus Brasilien sei mit Rückständen von insgesamt vier Pestiziden belastet gewesen, die in der EU nicht mehr genutzt werden dürfen. Ein österreichisches Nein zu EU-Mercosur schütze somit die Gesundheit der Österreicher und auch der Menschen in Lateinamerika.
Der Handelspakt würde das Geschäft mit Pestiziden weiter antreiben, warnt die DKA. Denn sein Ziel sei auch eine Steigerung der EU-Exporte von Industrie- und Chemieprodukten in den Mercosur-Raum. Während derzeit bis zu 14 Prozent Zoll auf Pestizide anfallen, würden diese mit dem EU-Mercosur-Abkommen großteils aufgehoben. Davon würden vor allem die großen europäischen Agro-Chemiekonzerne profitieren, argumentiert die DKA.
Das Hilfswerk wandte sich gegen einen "destruktiven Kreislauf": Pestizide, die in der EU wegen ihrer inakzeptablen Gesundheits- und Umweltrisiken nicht mehr eingesetzt werden dürfen, würden nach wie vor in großem Umfang von europäischen Konzernen hergestellt und exportiert, u.a. nach Südamerika. Über den Import belasteter Lebensmittel gelangten diese wieder zurück in heimische Supermärkte.
Pestizidvergiftungen vor Ort
Zudem setze das Abkommen auch zahlreiche Anreize zur weiteren Expansion jener Monokulturen wie Soja, Mais und Zuckerrohr, die für einen hohen Prozentsatz des Pestizideinsatzes in den Mercosur-Staaten verantwortlich sind. Schon jetzt sei Brasilien der drittgrößte Verbraucher von Pestiziden weltweit, weist die DKA auf damit verbundene Folgen hin: Laut offiziellen Zahlen sei es zwischen 2010 und 2019 zu knapp 57.000 Pestizidvergiftungen in Brasilien gekommen; "die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen". Auch Tausende Kinder waren von Pestizidvergiftungen betroffen, beklagt das Hilfswerk der kontinuierlich für Kinderrechte eintretenden Katholischen Jungschar.
Mit EU-Mercosur würden Einfuhrkontrollen gelockert. Die EU könnte im Falle eines nachgewiesenen Risikos die Einfuhr bedenklicher Waren nicht blockieren, führt die DKA ins Treffen.
Die EU-Spitze hofft seit Jahren auf die Unterzeichnung des Handelsabkommens mit der lateinamerikanischen Mercosur-Freihandelszone. Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans nannte am Rande eines Besuchs in Mexiko ein im Juli geplantes Gipfeltreffen als Wunschzeitpunkt für eine Finalisierung. Österreich hatte sich im Herbst 2019 gegen das geplante Abkommen positioniert; Bedenken österreichischer NGOs blieben seither aufrecht.
Quelle: kathpress
(eo/8.3.2023)