„Ökologischer Wandel durch stärkere Vernetzung von Christen und Kirchen“
Für eine noch viel stärkere Vernetzung von Christen und Kirchen mit dem Ziel einer ökologischen Umgestaltung von Gesellschaft und Wirtschaft hat der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Ferdinand Kaineder, plädiert. Kaineder war Referent bei einer kirchlichen Veranstaltung in Luxemburg, bei der die Umweltenzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus „als Anker für ein starkes ökologisches Transformationsnetzwerk“ herangezogen wurde. Das Grundanliegen von „Laudato si“ sei, „dass wir von einem technogen-technokratischen in ein sozial-ökologisch-spirituelles Welt- und Menschenbild hinüberkommen, und dabei ist Mitweltgerechtigkeit der Schlüssel“, betonte der KAÖ-Präsident. Zur Etablierung einer mitweltgerechten Lebensweise brauche es individuelle Haltungsänderungen, Vernetzung, aber auch die entsprechende „politische und gesetzliche Rahmengebung; „es braucht nicht nur die Rettung des Fisches, sondern die Sorge um das Fischwasser“.
Die entscheidende Frage sei: „Leben wir so, dass wir das Ende unserer Lebens-, Produktions- und Konsumprozesse (Einkauf, Arbeit, Mobilität, Reisen, Güterproduktion,…) in die Wiege der nächsten Generation legen können?“ Kaineder: „Die Natur, die uns umgibt, sind wir selber. Wir sind Mitwelt zu den Dingen, zu den Tieren, zu den Geschöpfen, zum Mitmenschen, zum Kosmos.“ Dennoch sei die heutige Lebensweise geprägt von der Haltung „Take it – make it – waste it“. Dieser „Krieg gegen die Natur“ müsse beendet werden. Es gelte, „alles im Kreislauf zu sehen, bis zum Schluss. Aus der Natur entnommen und durch ‚Wandlung‘ wieder dorthin legen können. Da darf nichts Toxisches bleiben. Es muss für sieben Generationen gut sein.“
Das erfordert nach den Worten des KAÖ-Präsidenten einen „radikalen Bruch mit dem gängigen Wachstumsparadigma. Solidarische Ökonomie soll das neue Paradigma werden.“ Selbst wenn es den Klimawandel nicht gäbe, „müssten wir unseren Konsum- und Verbrauchslebensstil verändern“.
Man müsse das technisierte Menschenbild „sehr kritisch sehen und durch das spirituelle, soziale und ökologische Menschenbild noch konsequenter ersetzen“. Die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus könne mit dessen Menschenbild „das neue Fundament einer neuen Welt werden“.
Dem „Weniger“ trauen
„Mitweltgerecht leben heißt, den Dingen nicht nur ihren Platz zu geben, sondern die inneren Zusammenhänge und Lebensflüsse zu respektieren und daran teilzunehmen mit dem Ziel, das Wesentliche zu treffen“, so Kaineder. Dabei müsse man den Menschen auch einen positiven Zugang zum Verzicht eröffnen; „Askese ist Konzentration auf das Wesentliche, was brauche ich wirklich, worauf kommt es an“. Es gelte, „dem Weniger zu trauen“. "Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen“, zitierte er den mittelalterlichen islamischen Gelehrten Ibn Ata Allah und ergänzte: „Mute deinem Smartphone weite Strecken der Einsamkeit und des Allein-Seins zu. Das technogene Leben bewusst reduzieren und die ‚Undinge‘ wieder ersetzen durch haptische Naturerfahrung, haptisches Erleben, Manufaktur. Das verlangsamt, nimmt die Gereiztheit, die wir überall spüren.“
Die Transformation hin zu einem mitweltgerechten Lebensstil brauche zudem Vernetzung. Der Mensch sei „angelegt zum Teilen - Sharing sagt man heute. Nicht mehr Position ist gefragt, sondern Verknüpfung, Vernetzungsfähigkeit, Beziehung und Begegnung; das Austauschen von Sichtweisen und Erfahrungen, die Suche nach Orientierung, dem Ziel der Reise“.
Weiter stellte Kaineder das Dossier „Ökologische Umkehr und Mitweltgerechtigkeit“ der KAÖ vor. Es schildere u.a. Maßnahmen der Kirche Österreichs in dem Bereich (z.B. diözesane Umweltbeauftragte, Nachhaltigkeitsleitlinien für diözesane Einrichtungen und Pfarren, Bildungsarbeit, pastorale Impulse sowie die Zeit der Schöpfungsverantwortung vom 1. September bis 4. Oktober jährlich).
Vom 21. bis 28. Mai findet derzeit die weltweite "Laudato si"-Aktionswoche statt. Papst Franziskus hat unter dem Motto "Hope for the earth - Hope for Humanity" eingeladen, sich in diesen Tagen besonders für den Schutz der Schöpfung einzusetzen und zur Bewusstseinsbildung über Folgen der Umweltverschmutzung und des Klimawandels beizutragen. „Ich lade alle dazu ein, für den Schutz unseres Gemeinsamen Hauses zu arbeiten. Es ist so notwendig, Kompetenzen und Kreativität dafür zu vereinen!“, sagte der Papst nach dem Angelus-Gebet am vergangenen Sonntag.
(jp/24.5.2023)