Frauen in der Kirche: Vieles, aber noch nicht genug erreicht
Vieles ist für Frauen in der katholischen Kirche gerade in letzter Zeit erreicht worden, aber es bleiben noch viele Wünsche offen: Das geht aus einem Interview hervor, das die "Kronen Zeitung" (Ausgabe vom 30. Juli 2023) mit Angelika Ritter-Grepl und Lydia Lieskonig führte. Ritter-Grepl ist Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung auf Österreichebene (kfbö), Lieskonig steht der steirischen kfb vor und war Gastgeberin bei der von 26. - 29. Juli auf Schloss Seggau abgehaltenen Sommerstudientagung der größten Frauenorganisation Österreichs. Ritter-Grepl und Lieskonig verwiesen auf die Stärkung der Frauenmitverantwortung im Zuge des Synodalen Prozesses, monierten aber die kirchenrechtliche Absicherung der Geschlechtergerechtigkeit bis hin zur Öffnung von Kirchenämtern.
Werden Frauen in der Kirche jetzt endlich gehört? Auf diese Frage antwortete Angelika Ritter-Grepl: "Ja, es ist die Zeit der Frau." Seit der Papst den Synodalen Prozess, der der Kirche einen guten, von Synodalität geprägten Weg in die Zukunft ebnen soll, ausgerufen habe, "legen Bischöfe Wert darauf, Frauen anzuhören". Bisher seien es Frauen so gewohnt gewesen, "nicht gehört zu werden, dass sich das Einbezogenwerden jetzt fremd anfühlt", räumte die kfbö-Vorsitzende ein. "Wir müssen unseren Platz erst finden."
Die Knackpunkte, um die es geht, beträfen die Mitbestimmung von Laien und insbesondere Frauen: "Bis jetzt gab es Gremien, in denen kirchenrechtlich ausschließlich Priester ein Stimmrecht hatten." Bei der Weltbischofssynode im Oktober im Vatikan sei dies erstmals anders. "Da muss eine Änderung des Kirchenrechts dahinterstehen", regte Ritter-Grepl an.
Für baldige Diakoninnenweihe
Auch in Bezug auf Weiheämter wünschen sich katholische Frauen Reformen: Das Diakonat für Frauen liegt für Ritter-Grepl "auf der Hand, weil vor allem Frauen diese Arbeit machen". Jetzt wollten diese dafür auch eine sakramentale Unterstützung in Form einer Diakoninnenweihe. Es gibt wegen des Priestermangels viele Begräbnisleiterinnen, ergänzte Lieskonig. Die Weihe würde "dieses letzte Etwas" ermöglichen, "um in voller Erhabenheit dieses Amtes wirken zu können. Auch für die Angehörigen."
An der kfbö-Sommertagung auf Schloss Seggau nahm auch die erste altkatholische Bischöfin Österreichs, Maria Kubin, teil. "Als Frau hoffe ich, dass wir auch einmal solche Verhältnisse haben", so Ritter-Grepl über mögliche römisch-katholische Bischöfinnen. Lieskonig ist diesbezüglich nicht optimistisch: "Ich werde es nicht mehr erleben."
Die steirische kfb-Vorsitzende meinte über die neuen Möglichkeiten zur Mitbestimmung: "Dass die geistlichen Herren jetzt die Frauen entdecken, kommt sicher auch daher, dass so viele die Kirche verlassen." Vor allem junge Frauen würden diesen Schritt setzen, "die das nicht mehr finden, das wir damals gefunden haben: das Miteinander, das gemeinsame Feiern". Das sei auch deswegen "besorgniserregend", weil der Erhalt der wunderschönen Kirchenbauten finanzielle Mittel erfordere, so Lieskonig. Zudem: Wenn Frauen die Kirche verlassen, ändere sich nichts an der Struktur. Mitglied zu bleiben, bedeutet laut der steirischen kfb-Vorsitzenden nicht, unkritisch zu sein, "im Gegenteil - aber offen kritisch und auf Augenhöhe".
Auch die Männer profitieren
Die beiden "starken Frauen in der Kirche", wie sie die "Krone" nannte, sind sich darin einig, dass auch die Männer bei weiblicher Mitsprache gewinnen. Gemischte, diverse Gruppen arbeiten besser, betonte Ritter-Grepl. "Da ist die katholische Kirche ja nicht die Ausnahme." Und Frauen stünden "mitten im Leben, in der Familie, im Job", wies Lieskonig hin. "Wir kennen das Leben. Viele Priester tun das nicht. Das ist aber kein Vorwurf. Woher auch? Ich bin gerne in unserer Kirche. Aber sie muss dem 21. Jahrhundert entsprechen."
Beide Interviewten betonte, dass es durchaus zusammenpasse, als Katholikin auch für Frauenrechte einzutreten. Ritter-Grepl: "Ich sage von mir immer, ich bin eine fromme Feministin. Es gibt ja nicht einen Feminismus, sondern viele Feminismen." Lieskonig las, wie sie erzählte, mit 20 Jahren fasziniert Simone de Beauvoir, die französische Ikone der Frauenbewegung. Das sei für die aus bürgerlichem Haus stammende Katholikin "etwas völlig anderes, aber nie ein Widerspruch" gewesen.
Quelle: kathpress
s. auch KAÖ-Dossier "Geschlechtergerechtigkeit" unter www.kaoe.at/dossiers
(eo/31.7.2023)