Für eine Kirche der Vielen und in Unterschiedlichkeiten
Die Synode der katholischen Weltkirche im Oktober in Rom hat eindrucksvoll gezeigt, dass wir an den Verschiedenheiten und den Unterschieden nicht scheitern müssen. Der Synthese-Bericht gibt Zeugnis davon. Die Katholische Aktion Österreich hat bei ihrem Präsidium am 18. Nov 2023 darüber beraten. Sie plädiert und arbeitet für eine Kirche der Vielen und in Unterschiedlichkeiten. Dazu braucht es einen deutlichen und breiten Impuls in Richtung: Türen auf! Am 9. Mai 2024 wird „75 Jahre Katholische Aktion Österreich“ in Linz gefeiert.
In der Weiterarbeit der KAÖ-Herbstkonferenz und nach der ersten Synode zur Synodalität 2023 wollen wir das, was in Rom offen gezeigt und ausgesprochen wurde, an der Basis gleich einmal in die praktische Erfahrung setzen. Türen auf und Tun – in den meisten Fällen weitertun - und nicht nur immer wieder darüber reden. Es wird aus unserer Sicht nicht genügen, neue Arbeitsgruppen einzurichten, sondern die im Synthese-Bericht angesprochenen Konvergenzen und Divergenzen Schritt für Schritt als Pfarrgemeinde, als Gliederung der KA und als vielfältiges Netz der KA selber Schritt für Schritt ins Tun zu bringen. Die bisher und jetzt gemachten Erfahrungen auf dem Weg einer „geöffneten und sozial-ökologisch-spirituellen Kirche“ können in Folge wieder als Erfahrung in die Weltsynode 2024 einfließen. Die Bischöfe mögen deshalb mutig mit den Möglichkeiten, die ihnen jetzt schon vom Kirchenrecht in der Beteiligung von Frauen und Männern alles Alters möglich sind, in Gang setzen. Dazu gehören Räte und Gremien und beispielsweise gleichwürdige Beauftragungen zu den Diensten im alltäglichen Vollzug von Kirche.
Wir begreifen Kirche als Bewegung und in Bewegung mit den vielen Menschen, die sich am jesuanisch-christlichen Lebensmodell orientieren. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Institution, sondern um Menschen, denen die Möglichkeiten und Ressourcen der kirchlichen Institutionen in offener und barrierefreier Weise zugänglich sind. Kirche sehen wir nicht im Gegenüber, sondern als gemeinsamen sozialen Körper. Die dabei auftretenden Diskrepanzen dürfen sein, und wir sehen darin eine Verlebendigungschance für die zum Teil abgeschlossenen internen Kirchenzirkeln. Vielfalt ist Leben und die Gleichheit aller Kirchenglieder, nochmals, aller Glieder muss Basis sein für alles Handeln. Gastfreundschaft wird so gestaltet, dass sich gemeinsame und füreinander gestaltete Gastfreundschaft entwickeln kann. Es geht dabei nicht um Konsum- oder Kundendenken, sondern um Teilhaberinnen und Teilhaber am sozialen Lebewesen Kirche. Wir alle zusammen sind Kirche, in aller Vielheit, im Suchprozess auf Gott und den Nächsten hin.
Scheitern darf deshalb sein. Tote Pferde dürfen tot sein und müssen nicht weiter geritten werden. Nicht, weil es immer so war, ist etwas gültig, sondern weil es sich bewährt hat. Behaltet das Gute und nicht die Gewohnheit. Das Neue nimmt Platz, weil die Menschen mit ihren Bedürfnissen nach Wertschätzung, nach sinnvoller Tätigkeit, nach Ritualen, nach Zugehörigkeit und Solidarität hier im kirchlichen und tragenden Netz ihren Platz und ihren Ausdruck finden. Eine konstruktive Vereinfachung schafft in solchen Situationen Übersicht in einer oft bürokratisch gewachsenen Komplexität und Selbstbeschäftigung. In allem sind wir getragen vom Willen, in allem besser zu werden, um Gott und dem Menschen immer wieder besser und empathischer dienen zu können.
Im Dossier „Beteiligung und Mitverantwortung“ haben wir als KAÖ schon 2022 zusammenfassend festgehalten: „Wir alle sind gleich an Würde und Berufung. Und alle Christ:innen sind berufen, sich eigenständig, selbstbewusst und auf der Grundlage ihrer Glaubensüberzeugung aktiv in der Welt einzubringen, mit ihren je unterschiedlichen Fähigkeiten und Aufgaben. Das gilt auch innerhalb der Kirche: Wir alle müssen mitdenken, mitreden, mitgestalten, mitentscheiden –und auch gemeinsam die Verantwortung tragen. Gleichberechtigt, auf Augenhöhe. Zu viel würde der Kirche verloren gehen, wenn wir weiterhin aus Geschlecht und Weihestatus eine Hierarchie konstruieren.“
Deshalb plädieren und arbeiten wir für eine Kirche der Vielen im Gegensatz zum Verständnis der Kirche der Wenigen, der Entschiedenen, des heiligen Restes, der Reduktion auf die allein Frommen. Das Volk Gottes drückt sich in allen Getauften und darüber hinaus aus. Wenn es uns gelingt, den Blick auf die Vielen zu nehmen, dann hat Gesundschrumpfen keinen Platz. Gerade die institutionellen Kräfte werden die Schuhe ausziehen müssen, um dem Anderen auf Augenhöhe zu begegnen und in die jeweilige Lebenswelt einzutauchen. Das erfordert wahre Demut und den Respekt von dem heiligen Raum des Anderen.
„75 Jahre Katholische Aktion Österreich – Pilgern im Jetzt“
Als Katholische Aktion Österreich sind wir im kommenden Jahr 75 Jahre dafür unterwegs. Das wird am Donnerstag, 9. Mai 2024 (Christi Himmelfahrt), in Linz im Neuen Rathaus von 10 bis 17 Uhr gebührend gefeiert: mit einem fetzigen Konzert der Gruppe „Vierkanter“, bei gesellschaftspolitischen Impulsen aus den im Parlament vertretenen Parteien, mit einem Zukunftsmanifest der KA und einer vielstimmigen Eucharistiefeier. Viel Zeit und Platz werden sein, einander zu begegnen, Jung und Alt, Damals und Heute. Das Motto: „75 Jahre Katholische Aktion Österreich – Pilgern im Jetzt“.
(jp/20.11.2023)