Jägerstätter: Kriegsdienstverweigerer Vorbild bis heute
Das Zeugnis des seligen Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter (1907-1943) wirkt als Vorbild bis heute. Das war der Tenor bei der 16. Jägerstätter-Wallfahrt der Katholischen Männerbewegung Österreich (KMBÖ) nach St. Radegund (OÖ) am Samstag (25.6.2024). Jägerstätter habe "klar gesehen, wie zerstörerisch Adolf Hitler und sein NS-Regime am Werk waren, und er hat seine Konsequenzen daraus gezogen", unterstrich der Linzer Journalist und Jägerstätter-Fachmann Josef Wallner bei der Wallfahrt, die heuer unter dem Motto "Den Stürmen der Zeit standhalten" gestanden hatte.
Am Foto: Josef Wallner vor dem Jägerstätterhaus © KMBÖ
Während viele in Deutschland und Österreich Hitler noch zujubelten, habe der tiefgläubige und belesene Jägerstätter "sich immer wieder selbst ein Bild gemacht, genau hingesehen und das Gesehene und Gehörte zu Ende gedacht", so Wallner. Als Beispiel nannte er Jägerstätters Erfahrungen mit der Wehrmacht während seiner Ausbildung in Enns und Ybbs. Ende Februar 1941 erfuhr er in Ybbs von der Heil- und Pflegeanstalt, in der 1.700 psychisch kranke Menschen untergebracht waren. Wie die Patientinnen und Patienten aller psychiatrischen Anstalten des Deutschen Reiches wurden auch sie Opfer des Euthanasieterrors des NS-Staates.
Von August 1940 an wurden Patientinnen und Patienten nach Hartheim transportiert und dort getötet. "Er erfuhr vor Ort aus erster Hand von den Vorgängen und ließ sich davon betreffen, hat das Geschehen in seiner ganzen Tragweite wahrgenommen", so Wallner. Er schrieb dazu an seine Frau Franziska: "Es soll schon auf Wahrheit beruhen, wie du mir einmal erzählt hast, was mit diesen Leuten geschieht. Wie uns ein Bauer, wo wir einquartiert sind, erzählte, sollen sich hier schon traurige Szenen abgespielt haben."
Bemerkenswert sei, so Wallner, dass Franziska Jägerstätter in mehreren Interviews im Vorfeld der 2007 erfolgten Seligsprechung auf die Erfahrung ihres Mannes in Ybbs zu sprechen gekommen sei. Die Frage, ob man den Entschluss ihres Mannes, einen weiteren Wehrdienst zu verweigern, an einem bestimmten Punkt festmachen kann, habe sie geantwortet: "Bei der Ausbildung haben sie ihn sehr sekkiert, weil er frömmer war als die anderen. Dort hat er auch von Hartheim erfahren. Für den, der so viele Leute umbringt, kann ich nicht kämpfen, hat er gesagt."
Euthanasie war Baustein
"Die Euthanasie war ein Baustein der Verweigerung Jägerstätters, aber ich möchte hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass über die Bedeutung der Euthanasie nachzudenken, damals alles andere als selbstverständlich war", erläuterte Wallner. "Dass Jägerstätter da überhaupt hinschaut, hebt ihn heraus. Dass er die Tragweite und vor allem die Tiefendimension des Geschehens erfasst, macht ihn zu einem Vorbild in dem, was es heißt 'zu sehen'." Das sei ein Grund, warum er ihn so sehr schätze, so der Fachmann: "Er war ein bewundernswert wacher Zeitgenosse. Er hat die Augen offengehalten und nicht nur auf den 'Führer' gestarrt, sondern er hat sich umgeschaut."
Zudem habe Jägerstätter jenen Dreischritt verinnerlicht, der als bewährte Methode der gesamten Katholischen Aktion (KA) gilt: "sehen, urteilen und handeln". Erst zum 75-Jahr-Jubiläum der KA vor wenigen Wochen in Linz sei dieses "alte, aber bis heute ungebrochen brauchbare Prinzip" wieder erneuert worden: Jägerstätter sei diese drei Schritte - ohne sie explizit so zu kennen oder zu nennen - in exemplarischer Weise gegangen. "Das hat ihm geholfen, die Stürme der Zeit wahrzunehmen und ihnen standzuhalten", hielt Wallner abschließend fest.
Der Innviertler Landwirt, Mesner und Familienvater Franz Jägerstätter (1907-1943) hatte sich aus Glaubensgründen geweigert, mit der Waffe für das Nazi-Regime in den Krieg zu ziehen. Daraufhin wurde er vom Reichskriegsgericht in Berlin wegen "Wehrkraftzersetzung" zum Tod verurteilt und vor 80 Jahren, am 9. August 1943, in Brandenburg an der Havel durch Enthauptung hingerichtet. Die Seligsprechung erfolgte am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom, der liturgische Gedenktag Franz Jägerstätters ist sein Tauftag, der 21. Mai.
Weitere Informationen: Franz und Franziska Jägerstätter - Diözese Linz
Katholische Aktion Österreich | 75 Jahre (kaoe.at)
(Quelle: Kathpress)
(ps/27.5.2024)