„Kirche mit den Anderen“
Anregungen und Ermutigung für neue Wege der Kirche in die Zukunft hat der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Ferdinand Kaineder, vom Deutschen Katholikentag mitgenommen. Die Großveranstaltung fand von Mittwoch bis Sonntag vergangener Woche in Erfurt statt und stand unter dem Motto „Zukunft hat der Mensch des Friedens“. „Die Frauenfrage in der Kirche und eine neue Mitweltgerechtigkeit waren allgegenwärtig, dazu immer wieder das Thema Frieden und das Bemühen darum. An diesen aktuellen Themen wird die Glaubwürdigkeit und die Wirksamkeit der Kirche in der Zukunft hängen“, so Kaineders Resümee.
Aus der Katholischen Aktion nahmen neben Kaineder der Wiener KA-Präsident Reinhard Bödenauer, der Obmann der Katholischen Männerbewegung (KMB) in Oberösterreich, Bernhard Steiner, der Generalsekretär der KA OÖ, Manfred Hofmann, sowie der Geistliche Assistent der KA OÖ, Helmut Außerwöger, teil. Auch der in der Österreichischen Bischofskonferenz für die KA zuständige Referatsbischof Wilhelm Krautwaschl (Graz) war für zwei Tage in Erfurt. Gestalt und Inhalte des Katholikentages war auch vom Veranstaltungsort geprägt: In Ostdeutschland sind die Katholiken eine klare Minderheit, die Zahl der Menschen ohne religiöses Bekenntnis ist hoch. Ökumene sowie Gespräch, Zusammenarbeit und Zusammenleben mit unterschiedlichen Weltanschauungen bildeten einen Schwerpunkt.
„Sich öffnen und in Dienst nehmen lassen“
„Kirche mit den Anderen und gerade auch mit den Fremden ist eine wirkliche Zukunftsidee, die jetzt Praxis braucht. Das kritische und hellwache gesellschaftspolitische Engagement wird der Kirche und so auch der Katholischen Aktion, wenn sie sich wirklich öffnet und in Dienst nehmen lässt, eine neue Gestalt und Körpersprache geben. Gerade auch viele ungewöhnliche Begegnungen in Erfurt und die klare ökumenische Ausrichtung deuten dieses ‚Neue‘ an“, unterstreicht der KAÖ-Präsident dazu. Er selbst habe dazu auch mit verschiedenen Persönlichkeiten das vor wenigen Wochen verabschiedete KA-Zukunftsmanifest angesprochen, u.a. mit Bischof Georg Bätzing (Limburg), der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stätter-Karp und dem Bürgermeister von Erfurt, Andreas Bausewein.
Im Blick auf eine ökologische Umkehr sei mehrfach klar gesagt worden, dass eine neue Mitweltgerechtigkeit rasch einziehen müsse und es keine Verzögerungen in der "Transformation" dorthin geben dürfe, um die Ziele zu erreichen. „Helfen wird uns dabei der Blick auf weniger ‚Ego-Eigentumsdenken‘ und mehr ‚Social Leasing‘, also gemeinschaftliche Nutzung von Gütern und Dienstleistungen“, so Kaineder.
Der KAÖ-Präsident abschließend: „Es waren Tage der Ermutigung und breiter Partizipation, vielfältiger Begegnungen und fachkundiger Gespräche. Es war bei allen Veranstaltungen großer Andrang, oftmals wurden die Kirchen und Veranstaltungsorte aufgrund von Überfüllung gesperrt. Dem Zdk, das die Katholikentage organisiert, ist Wegweisendes gelungen.“
„Demokratie und Christsein passen gut zusammen“
An der fünftägigen Veranstaltung in der Landeshauptstadt Thüringens nahmen nach Angaben des ZdK 23.000 Menschen teil. Sie haben sich „für die gefährdete Demokratie stark gemacht, nach Friedensoptionen in internationalen Konflikten gesucht und den Willen zur Kirchenreform bestärkt“, so das Resümee des deutschen Katholiken-Komitees.
„Wir haben eine Ahnung davon bekommen, wie wir heute und morgen Kirche für andere sein können“, sagte ZdK-Präsidentin Stetter-Karp, und man habe eine Zukunftsaufgabe mitgenommen: „Weil uns eben andere – darunter viele Menschen, die keine Berührung mit den verfassten Kirchen haben – hier in Erfurt gesagt und gezeigt haben, warum sie die frohe Botschaft für uns sind, warum Gott aus ihnen zu uns spricht, können wir das Evangelium neu verstehen lernen. Wir gehen in eine neue Zeit hinein.“
In Erfurt sei ein „Ökumenischer Katholikentag“ gelungen, der sich gleichermaßen „den evangelischen Geschwistern, den Freundinnen und Freunden anderer Konfessionen, Juden und Muslimen, Gottgläubigen und säkularen Menschen“ geöffnet habe. Gleichzeitig habe der Katholikentag von der Zivilcourage der Katholikinnen und Katholiken gezeugt: „Wir haben gezeigt, dass der öffentliche Raum – die Heimat der Demokratie und der Freiheit – auch der Raum der Christen ist. Demokratie und Christsein passen gut zusammen.“
Bischof Bätzing: Glaube ist lebendig
Bischof Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, betonte: „Wir haben erleben dürfen, dass der Glaube in diesem Land – bei allen Herausforderungen – lebendig ist. Der Katholikentag hat gezeigt, dass sich Menschen mit dem Zeugnis ihres Glaubens engagieren: in Politik und Gesellschaft, in vielen Bereichen des täglichen Lebens und in der Kirche. Die Tage in Erfurt waren eine sichtbare Ortsbestimmung, wo wir als Kirche derzeit in unseren innerkirchlichen und gesellschaftlichen Debatten stehen.“
Der Bischof des gastgebenden Bistums Erfurt, Ulrich Neymeyr, erklärte, er freue sich, „dass hier in diesen Tagen für alle Teilnehmenden des Katholikentags sichtbar war, dass in unserem Bistum die Ökumene nicht nur ein Wort ist, sondern gelebt wird. Und wie wichtig sie hier für unser Christsein ist. Auch mein Anliegen, gemeinsam in großer Zahl um den Frieden zu beten, hat sich erfüllt. Ich bin sehr dankbar für die wirklich sehr gut vorbereiteten Gottesdienste und Andachten, die die Kirchen bis auf den letzten Platz füllten.“
Marc Frings, Generalsekretär des ZdK, wies darauf hin, der Katholikentag sei bewusst „raus aus der Komfortzone, mitten hinein in die katholische Diaspora gegangen. Die vielen Begegnungen und der hohe Anteil Thüringer Besuchern zeigen, dass wir angenommen worden sind.“ In vielen Formaten habe man „von den kirchlichen, politischen und gesellschaftlichen Erfahrungen der Menschen hier in Thüringen und im Osten der Republik“ lernen dürfen.
Der Katholikentag habe das Thema Frieden intensiv bearbeiten können, und „nur ein breiter Friedensbegriff, der auch den gesellschaftlichen Frieden und die Bewahrung der Schöpfung berücksichtigt, kann unser Anspruch sein.“ Friede sei nur möglich, wenn auch „unsere Demokratie wehrhaft bleibt. Bei vielen Veranstaltungen wurde vor der Gefahr des Rechtsradikalismus gewarnt und an die Bürger appelliert, aktiv für die Errungenschaften des Grundgesetzes einzutreten. Hier herrschte durchweg Konsens, denn allen Mitwirkenden lag die Verteidigung unserer Demokratie am Herzen. Gleichzeitig konnten wir aber auch zivilisiert und nach vereinbarten Regeln streiten. Das hat gutgetan“, so Frings.
Weitere Informationen: www.katholikentag.de
(ps/3.6.2024)