Weiheämter für Frauen: "Kampf nicht mehr das rechte Mittel"
Gegen eine zu starke Fokussierung von Katholikinnen auf das Thema Frauen und Weiheämter hat sich die neue Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung (kfb) in Oberösterreich, Margit Schmidinger, ausgesprochen. "Kampf ist nicht mehr das rechte Mittel", meinte sie im Interview der Linzer "KirchenZeitung" (Ausgabe 27. Juni). "Wir Frauen haben viel gekämpft für die Gleichstellung von Mann und Frau in der katholischen Kirche. Viele haben sich verabschiedet, viele sind erschöpft", so Schmidinger. Es werde Zeit, "unsere Energie in die Seelsorge zu investieren" und "Menschen in Verbindung zu bringen, mit sich selbst, mit Gott und der Schöpfung". Dies sei für sie ein "zentraler priesterlicher Dienst", den viele Frauen "auf wunderbare Weise ohne Weiheamt" übernehmen würden.
Die Kirche insgesamt könnte nach Einschätzung der 59-jährigen kfb-Vorsitzenden einen gesellschaftlich wichtigen Beitrag zu Zusammenhalt und Gemeinschaftsbildung leisten, "wenn sie sich von einer dogmatischen Kirche wandelt zu einer Kirche von Frauen und Männern, die guten Willens sind". Sie verstehe "katholisch" im Sinne von "allumfassend" und setze sich für eine Kirche ein, "in der es nicht mehr darum geht, wer ist drinnen, wer ist draußen, richtig und falsch, sondern wo Platz ist für alle Menschen, mit ihren verschiedenen sexuellen Orientierungen, verschiedenster Herkunft, offen für andere Religionen", so Schmidinger. Der Zukunftsweg "Kirche weit denken" der Diözese Linz inspiriere sie seit Jahren.
Schmidinger bekannte sich zu einem christlich-optimistischen Menschenbild: "Ich mag die Menschen und glaube an das Gute in jedem von uns ... Wir Menschen sind viel besser, als wir glauben. Wir sind fähig zur Liebe, wir wollen sozial sein, wir wollen, dass alle ein gutes Leben haben." Sie glaube daran, dass das "Zeitalter der Konkurrenz und des Neids" überwunden werden kann und "Communio" - Gemeinschaft - möglich ist. "Somit können wir dem Reich Gottes ein Stück näher kommen."
In ihrer neuen Funktion wolle sie ihre Stimme für Frauen einsetzen und sie "ermutigen, dass sie sich ihre Spiritualität wieder zurückholen und ihren Glauben selbst gestalten", erklärte Schmidinger. Für Frauen in der Kirche gelte es, "aus der Opferrolle auszusteigen". Erwachsen zu sein bedeute, "ich gestalte mein Leben und meinen Glauben und mache nicht die anderen dafür verantwortlich". Ihren Gestaltungsspielraum sehe sie in der Diözese Linz sehr groß, auch durch die von ihren Vorgängerinnen in der kfb-OÖ geleistete Vorarbeit. Kirche sei von ihrem Gründer her "wohl immer als ehrenamtlich organisiert gedacht, wo Männer und Frauen mit ihren verschiedenen Charismen und Begabungen sich zum Wohle der Gemeinschaft einsetzen".
Vor diesem Hintergrund relativieren sich laut Schmidinger Weiheämter, die letztlich "Klerikalismus fördern". Das sei zu "überdenken" in einer Zeit, da viele Menschen starke Hierarchien und Bevormundung ablehnten.
38.000 Mitglieder in 360 Pfarrgemeinden
Die Katholische Frauenbewegung in Oberösterreich habe derzeit rund 38.000 Mitglieder und sei in ca. 360 Pfarrgemeinden aktiv, 2023 habe es 540 Neueintritte von jüngeren Frauen gegeben, "das darf uns schon zuversichtlich stimmen", sagte Schmidinger. Die kfb habe sich gewandelt "von einer Gruppe, die vor allem als Helferinnen des Pfarrers gesehen wurde, hin zu einer bunten Gruppe von Frauen, die selbstbewusst auftritt und sich für Frauen in allen Lebenslagen einsetzt".
Schmidinger wörtlich: "Ob die Mutter und Hausfrau oder die erfolgreiche Karrierefrau: Das Bild der Frau in der Kirche hat sich definitiv sehr zum Positiven gewandelt." Weibliche Kräfte würden mittlerweile die Kirchenleitungen durchwirken, dazu habe "auch die kfb ihren Beitrag geleistet und wird es weiterhin tun". Dass Frauen in Leitungsaufgaben gehören, habe auch Papst Franziskus im Vatikan vorgezeigt.
Wortlaut des Interviews in der Linzer Kirchenzeitung
(jp, 3.7.2024)