"Welt-Raum-Weg" als „stilles Zeichen der Renaturierung“
Der „Große Welt-Raum-Weg“, ein kirchliches Projekt zum europäischen Kulturhauptstadtjahr 2024 Bad Ischl – Salzkammergut, ist in den vergangenen Tagen eröffnet worden. Der Wanderweg ist eine sich über 56 Kilometer und 3.000 Höhenmeter erstreckende Route durchs Tote Gebirge mit thematischen Impulsen zum Verhältnis von Mensch und Natur. Der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Ferdinand Kaineder, war Mitglied jener rund 40-köpfigen Gruppe, die die sechstägige Erstbegehung vornahm. „Für mich ist der Weltraumweg ein stilles Zeichen für Renaturierung“, so Kaineder.
„Der Weg lädt einen selber zu mental-spiritueller Renaturierung ein. Die Begegnung mit dieser kargen Landschaft des Toten Gebirges führt zurück in viele Ursprünglichkeiten, in die Stille und in ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit. Zugleich gehen einem Gedanken durch den Kopf, wie wir die Rückkehr zu einem behutsamen Umgang mit der Natur gesellschaftlich schaffen können. Bei Gehen dieses Weges wird immer wieder erfahrbar, wie weit wir uns Menschen von der Natur entfernt haben und wie doch zutiefst eingebettet und verbunden wir in und mit der Schöpfung sind“, berichtete Kaineder über seine Erfahrungen.
Der offizielle Auftakt war laut einem Bericht der „Linzer Kirchenzeitung“ am Sonntag, 7. Juli, mit einem vom Linzer Bischof Manfred Scheuer geleiteten Gottesdienst in der Bad Ischler Stadtpfarrkirche. Der neue Weg soll zum Nachdenken über die Schöpfungsverantwortung anregen und Menschen zu sich selbst finden lassen, erklärte Scheuer in seiner Predigt. Er zitierte Papst Franziskus, der eine "neue Ökologie des Menschen" eingefordert und als Grundlage dafür die Beziehung zu Gott genannt habe.
Verantwortung für die Schöpfung beginne mit Grundhaltungen - "wie Ehrfurcht, Staunen, Zurücktreten, Dankbarkeit, Wertschätzen und Demut, mit Opferbereitschaft und auch Maßhalten" -, so Bischof Scheuer. Der "Welt-Raum-Weg" sei ein Weg "in die Berge und das eigene Selbst". Das Tote Gebirge zwischen Oberösterreich und der Steiermark sei die genau passende Kulisse und verweise auf eine soziale, existenzielle und auch spirituelle Wirklichkeit.
„Audio-Weg“ mit 14 Stationen
Die Eröffnungsgruppe – Personen aus Kultur, Kirche und anderen gesellschaftlichen Bereichen aus Österreich und auch Deutschland - startete im Anschluss an den Gottesdienst bei der nahe gelegenen Rettenbachalm. Bis zum Zielort Hinterstoder sind entlang der Route 14 Hörstationen eingerichtet, gestaltet von den Künstlern Christoph Viscorsum und Andreas Hagelüken. Dieser „Audio-Weg“ bietet per Smartphone abrufbare Tonaufnahmen von Menschen aus Almwirtschaft und Wissenschaft, Tanz und Bioengineering, Alpinismus, Kirche und Heilkunde. Auch prominente Stimmen wie die Ägyptologin Aleida Assmann oder der Musiker Hubert von Goisern haben Audiobeiträge geliefert. "In der Steinwüste des hochalpinen Plateaus können Mensch und Welt-Raum zueinanderfinden", erklärten die Projektverantwortlichen ihr Ziel. Dies sei eine Grundvoraussetzung, um gemeinsam eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.
„Alles ist mit allem verbunden“
Kaineder erinnert daran, dass sich die KAÖ und viele andere kirchliche Initiativen für ein Verständnis der Natur als Mitwelt und einen fairen Umgang mit ihr einsetzen, und verweist auf das KAÖ-Dossier „Ökologische Umkehr und Mitweltgerechtigkeit“. „Es kann nicht sein, dass wir Erdöl aus der Natur entnehmen, daraus Plastik produzieren, und am Ende muss die Natur über Jahrhunderte und Jahrtausende mit dem Schädlichen, das wir aus der Natur gemacht haben, fertig werden“, nannte der KAÖ-Präsident ein Beispiel. Beim Gehen des Weltraumweges sei ihm immer wieder auch die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus in den Sinn gekommen. Sie sei getragen von „dem Bestreben, die Menschen erkennen zu lassen: Alles ist mit allem verbunden.“
Zudem verweist Kaineder auf „die heilende Wirkung des Gehens“; das Unterwegssein in einer Geschwindigkeit, „die uns grundgelegt ist“, lasse die Umgebung anders wahrnehmen. „Ich kann alle, die körperlich in der Lage sind, einen Gang über die Berge auf sich zu nehmen, nur einladen, die Chance zu dieser einmaligen Erfahrung zu nutzen. Es ist eine heilsame und in die Zukunft tragende Erfahrung und ein besonders gelungener Beitrag der Kirche zum Kulturhauptstadtjahr 2024.“
Nähere Infos: Großer Welt-Raum-Weg
(jp/12.7.2024)