"Der Sonntag muss ein Ruhetag bleiben" - auch in Wien
Unverständnis und ernste Bedenken hat die Wiener Allianz für den freien Sonntag angesichts der Ankündigung der Österreichischen Post geäußert, ab dem 6. Oktober in einigen Wiener Bezirken probeweise auch am Sonntag Pakete zuzustellen. "Diese Praxis öffnet Tür und Tor für eine weitergehende Aushöhlung der Arbeitsrechte, indem das reguläre Arbeitszeitmodell umgangen wird", heißt es in einer Aussendung vom Montag, in der auch auf Risiken für den sozialen Zusammenhalt hingewiesen wird. Sonntagszustellung bringe "Lärm und Unruhe".
Zwar will die Post bei der neuen Maßnahme auf externe Dienstleister setzen und verspricht Sonntagszuschläge sowie Zeitausgleich. Negative Auswirkungen für Beschäftigten gäbe es dennoch, so Sonntagsallianz-Gewerkschaftssprecher Christian Lindmeier: Externe Transportunternehmen seien häufig weniger gut reguliert, zudem nehme damit der Druck auf deren Mitarbeiter insbesondere in Niedriglohnsektoren enorm zu. Auch schwäche die Post damit den stationären, heimischen Handel und unterstütze hingegen umstrittene, ausländische Unternehmen ohne Rücksicht auf Konsumenten, Umwelt und faire Marktbedingungen.
Rechtfertigen will die Post die "temporäre Maßnahme" mit dem "Black Friday" und dem Weihnachtsgeschäft. Der Sonntagsallianz zufolge könnte dies jedoch sehr rasch zu einer dauerhaften Ausweitung der Sonntagsarbeit führen - "und dies nicht nur in der Zustellbranche". Fraglich sei, "ob der Bedarf an noch schnelleren Lieferungen tatsächlich so groß ist, dass er den Eingriff in die Ruhezeiten der Arbeitnehmer rechtfertigt"; seien doch die langfristigen Folgen für das Wohlbefinden der Beschäftigten und die gesellschaftlichen Strukturen "weitaus gravierender als die kurzfristigen Vorteile einer 7-Tage-Lieferung".
Der Sonntag gehöre den Familien, Freundschaften und der Erholung und "darf nicht zu einem weiteren gewöhnlichen Werktag degradiert werden, nur um den Wünschen einer kleinen Gruppe von 'Premium'-Kunden gerecht zu werden", sagte die kirchliche Sprecherin der Wiener Allianz für den freien Sonntag, Antonia Indrak-Rabl. Die Post als sozial verantwortliches Unternehmen müsse innovative Lösungen finden, um sowohl den Bedürfnissen des Marktes als auch dem Schutz der Arbeitnehmer und ihrer Lebensqualität gerecht zu werden.
Der Sonntag als Ruhetag ist eine zentrale Errungenschaft unserer Arbeitswelt und darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, heißt es in dem Appell der Wiener Sonntagsallianz, die Teil der Allianz für den freien Sonntag Österreich mit ihren 50 Mitgliedsorganisationen aus Kirche, Arbeit, Wirtschaft und Vereinen ist, und weiter: "Wir fordern die Post und andere Unternehmen auf, von solchen Maßnahmen abzusehen und den Sonntag als gemeinsamen Ruhetag zu respektieren. Denn Marktinnovation darf niemals auf Kosten der Arbeitnehmerrechte gehen."
Die Wiener Allianz für den freien Sonntag wurde unter der Federführung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien und der Gewerkschaft GPA-djp im Jahr 2009 gegründet und ist Teil der Allianz für den freien Sonntag Österreich. Ihr gehören über 50 Organisationen aus Kirche, Arbeit, Wirtschaft und Vereinen an. U.a. die Katholische Aktion Österreich, Katholische Arbeitnehmer:innenbewegung Österreichs, Katholische Frauenbewegung Österreichs, Katholische Jugend Österreich und Katholische Jungschar Österreich.
Gemeinsam setzen sie sich für Zeitwohlstand und Lebensqualität in Form gemeinsamer freier Zeit ein, wie sie der freie Sonntag bietet.
Mein Sonntag (freiersonntag.at)
Quelle: kathpress/red.
(ps/30.9.2024)