ÖPA-Kongress zum Thema „Ergänzende Kinderbetreuung – warum sich Vielfalt auszahlt“
Mit einem Kongress am 29. November 2024 möchte die Österreichische Plattform für Alleinerziehnde (ÖPA) den gesellschaftspolitischen Diskurs zur Kinderbetreuung erweitern. Dabei stehen sowohl die Situation von Familien – insbesondere Alleinerziehender – als auch die Verantwortung des Sozialstaates, sowie die finanziellen und personellen Herausforderungen für flexible Betreuungsangebote im Fokus. Modellprojekte zeigen, wie Alleinerziehende und Familien bei Wiedereinstieg, Weiterbildung oder dem Zugang zu voller Erwerbstätigkeit nachhaltig unterstützt werden können. „Flexible, ergänzende Kinderbetreuung ist Organisationen in ganz Europa ein zentrales Anliegen“, erklärt ÖPA-Vorsitzende Evelyne Martin: „Im Zuge des des Koalitionsabkommens rufen wir die Parteien dazu auf, die Finanzierung ergänzender Kinderbetreuung zu berücksichtigen und finanzielle Mittel dafür zu reservieren.“
Zu den Referent:innen und Diskutant:innen beim Kongress, der am 29. November von 9 - 15.30 Uhr im "Haus der Europäischen Union" in Wien (Wipplingerstraße 35) stattfinden wird, zählen u.a. Susanne Raab, Martin Schenk, Christoph Badelt, Jana Streitmayer-Raith und Ines Stilling. Die Katholische Aktion Österreich ist Mitglied bzw. eine der Trägerorganisationen der ÖPA.
ÖPA-Vorsitzende Evelyne Martin: „Im Zuges des Koalitionsabkommens rufen wir die Parteien dazu auf, die Finanzierung ergänzender Kinderbetreuung zu berücksichtigen und finanzielle Mittel dafür zu reservieren.“
Modellprojekte belegen Erfolg
Praxisbeispiele aus dem In- und Ausland verdeutlichen den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen ergänzender Kinderbetreuung: Im Vorzeigeprojekt „Sonne, Mond und Sterne“ aus Deutschland etwa wurden 66 Familien begleitet, von denen 40 den Schritt aus der Abhängigkeit von Sozialleistungen in ein eigenständiges Einkommen schafften. 25 Frauen konnten mit der Unterstützung durch Kinderbetreuung in den Randzeiten eine Ausbildung abschließen. Die Betreuung ist für die Familien kostenfrei; die Finanzierung erfolgt über Stiftungen, Gemeindemittel und Arbeitgeber:innen.
Das Vorarlberger Kinderdorf wiederum begleitet mit dem Projekt "Schnellhilfe plus" belastete Familien wie armutsgefährdete Personen, Alleinerziehende oder Familien, in denen Kinder mit besonderen Bedürfnissen leben. Die ergänzende Betreuung der Kinder entlastet die Familien im Alltag und bietet zudem pädagogische Hilfestellung. Jährlich profitieren hier rund 80 Familien von dem vorwiegend spendenfinanzierten Angebot.
Die Kinderbetreuung "Daheim" des Fonds Soziales Wien bietet werktags kurzfristige Betreuung kranker Kinder an. Die Kosten sind sozial gestaffelt. Im Jahr 2023 wurden 225 Familien unterstützt, davon 117 Alleinerziehende. Insgesamt entfielen über 4.000 der 6.400 Einsatzstunden auf Alleinerziehende.
Wenn Kinder mehr Zeit brauchen
„In unseren Beratungen erleben wir immer wieder, wie entscheidend die Inanspruchnahme ergänzender Kinderbetreuung für Alleinerziehende ist“, erklärt Evelyne Martin. Ein aktuelles Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern (14 und 3,5 Jahre) organisierte nach ihrer Scheidung erfolgreich einen Umzug, die Eingewöhnung in Kindergarten und Schule sowie die Rückkehr in eine Vollzeitstelle. Doch die Herausforderungen wuchsen, als der Kindergarten meldete, dass ihr jüngstes Kind wegen Verhaltensauffälligkeiten nur noch bis 14 Uhr betreut werden könne. „Die Organisation der nötigen Arzt- und Therapietermine ist für eine voll berufstätige Alleinerziehende schon herausfordernd genug“, so Martin. „Doch die verkürzte Betreuungszeit brachte die Mutter an ihre Grenzen.“ Teilzeitarbeit wäre für sie finanziell nicht machbar, auch war ihr der Arbeitgeber bereits über einen vereinbarten Zeitraum hinaus entgegengekommen. Eine privat finanzierte Kinderbetreuung würde das Haushaltseinkommen sprengen. Der Jobverlust würde die Familie in die Sozialhilfe zwingen. Die Folge wäre Armut mit all ihren belastenden Begleiterscheinungen. Eine kurzfristige ergänzende Kinderbetreuung könnte hier eine nachhaltige Lösung bieten.
Wer trägt die Kosten?
Die Finanzierung neuer Angebote steht in Zeiten der Budgetkonsolidierung im Fokus. Diese Fragen diskutieren beim Kongress Ines Stilling (Arbeiterkammer), Christoph Badelt (Fiskalratspräsident) und Jana Streitmayer-Raith (Industriellenvereinigung). Ihre Debatte wird von Erfahrungsberichten aus Modellprojekten begleitet, die zeigen: Ergänzende Kinderbetreuung stabilisiert das Haushaltseinkommen, reduziert die Abhängigkeit von Transferleistungen und schafft Raum für Entlastung und Erholung. Dies verbessert nicht nur die Zufriedenheit und Gesundheit der Familien, sondern auch das gesellschaftliche Klima.
Fakten
2023 gab es in Österreich 168.000[1] alleinerziehenden Familien mit etwa 242.000 Kindern (unselbständig, unter 25 Jahren. Davon sind ca. 146.000 (87,%) Mütter und 22.000 (13%) Väter. Die Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung[2] von Alleinerziehenden Haushalten ist von 2021 auf 2022 von 47% auf 52% gestiegen und im Jahr 2023 auf 48% gesunken. Die Armutsgefährdung lag 2023 nach Sozialleistungen bei 41%. Ohne Sozialleistungen würde die Armutsgefährdung bei 62% liegen. Die durchschnittlichen Kosten für ein Kind in einem Ein-Eltern-Haushalt betragen im Monat mit 900€ doppelt so viel wie für ein Kind in einer Paarfamilie mit 483€.[3]
Die Österreichische Plattform für Alleinerziehende (ÖPA) setzt sich seit mehr als 35 Jahren zum Ziel, dass alleinerziehende Eltern und ihre Kindern allen anderen Familien rechtlich und sozial gleichgestellt werden. Ihre besondere Aufmerksamkeit gehört Familien, die ihren Lebensunterhalt nur schwer finanzieren können und daher die Unterstützung der Gesellschaft brauchen.
Kontakt
[1] STATISTIK AUSTRIA. 2023
[2] EU_SILC_2023. Statistik Austria
[3] Kinderkostenanalyse 2021, Statistik Austria
Nähere Infos zu Programm und Anmeldung:
https://oepa.or.at/oepa-kongress-ergaenzende-kinderbetreuung-warum-sich-vielfalt-auszahlt/
(eo/28.11.2024)