Neues Buch zeigt Arbeiterpriester als "Symbol für eine andere Kirche"
Zeugnisse von Arbeiterpriestern, "die oft das einzige Bindeglied zwischen dem Arbeitermilieu und der Kirche sind", haben Eva Pipan und der langjährige Amstettner Betriebsseelsorger Franz Sieder jetzt in einem neuen Buch zusammengestellt. Der Band "Arbeiterpriester. Symbol für eine andere Kirche" erinnert an die Arbeit von Arbeiterpriestern aus der Diözese St. Pölten, etwa an Rudolf Wimhofer (1926-2020) und Josef Gaupmann (geb. 1945), aber auch an Ordensleute wie den Melker Benediktiner P. Karl Helmreich (geb. 1939) oder die seit 1987 in St. Pölten präsente Ordensgemeinschaft der Kleinen Brüder Jesu, die ihre Spiritualität mit Jobs im Schichtbetrieb der Glanzstoff Austria, in einem Taxiunternehmen oder bei McDonalds verbinden.
Für Co-Autor Franz Sieder, oft tituliert als "roter Kaplan", setzen sie alle glaubhaft das um, was der Papst mit folgenden Worten eingefordert habe: "Die Arbeiterpriester erfüllen den missionarischen Auftrag von Jesus. Sie gingen an die Ränder unserer Gesellschaft." Heute sei nicht nur die Arbeitswelt ein Missionsfeld, sondern die ganze Gesellschaft, sagte Sieder in einer Aussendung am Montag. Arbeiterpriester seien besonders dadurch ein Vorbild, "dass wir den Menschen den Glauben nicht nur durch Worte verkündigen". Sie wüssten, "was es heißt, zu schuften, und kennen prekäre Arbeitsverhältnisse, Ausbeutung und Ungerechtigkeit".
Das Buch von Pipan und Sieder blickt auch in die Geschichte zurück: Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden u. a. in Frankreich und Belgien zahlreiche katholische Bewegungen, die der Entfremdung der Arbeiterschaft von der Kirche entgegenwirken wollten. Darunter war auch die Arbeiterpriester-Bewegung. Ihr gehörten Ordens- und Weltpriester an. Zunächst begrüßten und förderten Bischöfe, Orden und die römische Kurie das Projekt, bis die Befürchtung einer kommunistischen Unterwanderung aufkam. 1954 erklärte Papst Pius XII. diese Form der Mission für beendet, sein Nachfolger Paul VI. hob das Verbot im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils wieder auf. 1979 sollen allein in Frankreich tausend Priester in Fabriken gearbeitet haben. Zu den prägendsten Persönlichkeiten zählt der belgische Kardinal Joseph Cardijn (1882-1967).
Franz Sieder: Wurzeln in Katholischer Arbeiterjugend und Arbeiter:innen-Bewegung
Franz Sieder war in den Jahren 1965 bis 1976 Kaplan der Katholischen Arbeiterjugend der Diözese St. Pölten, von 1967 bis 1973 „Nationalkaplan“, d.h. Seelsorger der Katholischen Arbeitnehmer:innen-Bewegung Österreichs. Als Arbeiter- und Betriebsseelsorger der Diözese St. Pölten wirkte er von 1976 bis 2018. Sieder war maßgeblich am Aufbau von Pax Christi Österreich beteiligt und ist bis heute Mitglied des Bundesvorstands der „Arbeitsgemeinschaft Christentum und Sozialismus“ (ACUS). Am 30. April 2024 wurde er von der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner mit dem Titel „Professor“ ausgezeichnet.
Franz Sieder: Es ist ein "Vergehen der Kirchenleitung, wenn sie die KA nicht mehr fördert, sondern eher abwürgt."
„Die Katholische Aktion nicht abwürgen“
Ebenso wie die Betriebsseelsorge bieten laut Sieder KAB, KAJ und generell die Katholische Aktion Orte, an denen Menschen Gemeinschaft erfahren. Sieder warnt: „Die Kirche darf nicht nur eine Versorgungskirche sein, eine Kirche, die mit Gottesdiensten und Sakramentenspendung versorgt. Sie muss eine Gemeinschaft sein, die für die Menschen erlebbar ist. Und das ist am besten in kleinen Gruppen möglich, wie es beispielsweise die Aktivist:innenrunden der KAJ waren. Die Katholische Aktion hat auf unterschiedlichen Ebenen immer Gemeinschaft erfahrbar gemacht. Daher ist es auch ein Vergehen der Kirchenleitung, wenn sie die KA nicht mehr fördert, sondern eher abwürgt.“
Das von Eva Pipan und Franz Sieder herausgegebene Buch "Arbeiterpriester. Symbol für eine andere Kirche" erschien im Eigenverlag; Bestellungen unter Tel. 0676/6857104, E-Mail: regenbogen56@gmx.at.
kathpress/red
s. auch KAP-Dossier „Arbeit und soziale Fairness“ unter www.kaoe.at/dossier
(eo/11.12.2024)