Pastoraltagung: Kritik an Mikl-Leitners Islam-Aussage
"Religion darf nie ein Grund sein, um Menschen zu diskreditieren": Mit diesen Worten hat Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, bei der Pastoraltagung 2025 in Salzburg Äußerungen der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zum "Kampf gegen den Islam" zurückgewiesen. Die Aussagen bezeichnete er als "verstörend", da dies letztlich bedeute, "hunderttausende Mitbürgerinnen und Mitbürger wegen ihres Religionsbekenntnisses zu bekämpfen". Für solch eine Äußerung wäre es angemessen gewesen, sich zu entschuldigen, so Schipka in einem Podiumsgespräch, bei dem auch die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, und die ehemalige Abgeordnete zum burgenländischen Landtag und nunmehrige Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Regina Petrik, sprachen.
Auf die Frage, warum die katholische Kirche Solidarität mit dem Islam zeige, antwortete der Jurist und Theologe Schipka gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress: "Es ist unsere Aufgabe, Solidarität mit Menschen zu üben, die sie brauchen." Als Beispiele nannte er Schutzsuchende und Angehörige religiöser Minderheiten wie Juden und Muslime. Religion sei zudem ein zentraler Bestandteil des Menschseins.
Schipka stellte klar, dass es der Grundhaltung einer liberalen, auf Menschenrechten basierenden Demokratie entspreche, das religiöse Bekenntnis eines Menschen zu schützen. Dies bedeute jedoch nicht, berechtigte Sicherheitsbedenken zu ignorieren: "Aber in solchen Fällen wird Religion instrumentalisiert", so der Bischofskonferenz-Generalsekretär.
Kirche als Stimme der Zuversicht
Im Podiumsgespräch zum Thema "Herausforderungen und Erfahrungen mit Demokratie" unter der Moderation von "Furche"-Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl unterstrich Schipka die aktive Rolle der Kirche für gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen destruktive Dynamiken. Es brauche Mut, auch in schwierigen Debatten ein starkes Wort für Zuversicht und Solidarität zu finden - dies gelte nicht nur im eigenen Umfeld, sondern auch im Dialog mit anderen Religionen wie Islam und Judentum. Er warnte auch vor einer zunehmenden Emotionalisierung der Gesellschaft, die Dynamiken auslösen könne, die sogar zur Abschaffung von Menschenrechten führen. Christinnen und Christen seien aufgerufen, Zuversicht als Gegenkraft zu fördern, so Schipka.
Griss: Kritik an Opfer-Narrativen
Die Juristin und frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, beleuchtete die Enttäuschung vieler Menschen über das Versagen politischer Eliten. "Die Kränkung darüber, dass Demokratie nicht alle gleichbehandelt, ist eine treibende Kraft hinter dem Populismus", sagte sie. Kritik übte sie an populistischen Tendenzen, die Opfer-Narrative verstärken.
Mit Blick auf Aussagen von FPÖ-Chef Herbert Kickl warnte sie davor, die derzeitige Situation mit 1945 zu vergleichen: "Das soziale Netz ist noch dicht geknüpft", es sei daher "schamlos", von einem "Wiederaufbau" zu sprechen, mahnte Griss mit Verweis auf Aussagen Kickls von einer "neuen Ära", einem "Wiederaufbau" sowie einem "massiven politischen Feuerwehreinsatz" für Österreich.
Bürgerbeteiligung und Klimakrise im Fokus
Franz Faschingleitner, Unternehmer und ehemaliger Bürgermeister, betonte die Bedeutung von Bürgerbeteiligung und ehrlicher Kommunikation: "Menschen wollen sich einbringen und ernstgenommen werden. Zuhören und Einbinden sind Schlüssel für Vertrauen." Franz Zlanabitnig vom Klimarat hob das Potenzial der Kirche für demokratische Initiativen hervor. Leokadia Grolmus, Aktivistin der "Letzten Generation", erklärte, dass zivilgesellschaftliches Engagement, auch durch umstrittene Aktionen, die Klimakrise stärker ins Bewusstsein gebracht habe.
Die ehemalige Abgeordnete zum burgenländischen Landtag und nunmehrige KAÖ-Generalsekretärin Petrik brachte Bedenken gegen eine "Dauer-Empörungsschleife" vor, ebenso sei eine „dauernde Rede von einer Spaltung der Gesellschaft" wenig zielführend.
300 Teilnehmer:innen
Die traditionell zu Jahresbeginn stattfindende Österreichische Pastoraltagung wird von der Österreichischen Pastoralkommission und dem Österreichischen Pastoralinstitut (ÖPI) veranstaltet. Im Fokus der diesjährigen Tagung im Bildungszentrum St. Virgil steht die Rolle der Kirche in einer demokratischen Gesellschaft. Unter dem Titel "Auftrag Zukunft. Christ:in sein für eine demokratische Gesellschaft" diskutieren bis Samstag rund 300 Teilnehmende, darunter hochrangige Kirchenvertreter, Politiker:innen und Expert:innen, unter ihnen eine Delegation der KAÖ-Geschäftsführung, über Herausforderungen und Chancen der Demokratie.
(Quelle: Kathpress)
(jop/10.1.2024)