„Franziskus ging an die Ränder der Gesellschaft“
Die Katholische Arbeitnehmer:innen Bewegung Österreich (KABÖ) „trauert um einen Papst, der die Option für die Armen stets in den Vordergrund stellte“. Franziskus habe „alle Menschen in die Gemeinschaft holen“ wollen und sei daher wiederholt an die Ränder der Gesellschaft gegangen, „um gerade den Ausgeschlossenen zu begegnen - den Flüchtlingen, Obdachlosen, Gefangenen, Arbeitslosen“, so die KABÖ. Er sei damit „Vorbild und Wegbegleiter“ gewesen,
Franziskus habe weiter eine Wirtschaft eingefordert, die dem Menschen dient. 2023 sagte er vor einer Gruppe von Unternehmer:innen, der größte Wert der Arbeit komme von Menschen und nicht von Maschinen. Gleichzeitig habe er Unternehmer:innen ermuntert, durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere für junge Menschen, zum Gemeinwohl beizutragen.
Wie die KABÖ weiter hervorhob, sprach Franziskus „ein klares Nein zum Götzendienst des Geldes, ein Nein zu einem Geld, das regiert statt zu dienen, und ein Nein zur sozialen Ungleichheit.“ Ebenso deutlich „formulierte er ein Ja zur Geschwisterlichkeit aller Menschen, zum Frieden und zu einer Sorge um unsere Schöpfung, deren Teil wir Menschen sind“.
„Ein großer Papst“
Franziskus werde „als großer Papst“ in die Geschichte eingehen, gab sich das Katholische Forum Südtirol in seinem Nachruf überzeugt. Nach seiner Wahl zum Papst habe Jorge Mario Bergoglio gesagt, er komme vom Rand der Welt. Er verortete „auch den Platz der Kirche am Rand der Welt, der Platz der Kirche ist für Franziskus nicht am Tisch der Mächtigen der Welt“, so das Forum, das Mitglied der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) ist. Die Kirche habe er verstanden „als Feldlazarett, wo die Wunden und Verletzungen verbunden werden“; Kirche sei für ihn nicht „Teil der säkulären Welt und ihrer Diskurse um Macht, Ökonomie und Herrschaft, sondern Kirche ohne Macht, aber deutlich vernehmbar in der Verkündigung des Evangeliums“.
„Es gibt, vereinfacht gesprochen, zwei Kirchenbilder: eine evangelisierende Kirche, die aus sich herausgeht, und eine mondäne Kirche, die in sich selbst, aus sich selbst und für sich selbst lebt“ – diese Sicht sei für sein Reformpontifikat Orientierung gewesen. Prophetisch habe daher Papst Franziskus den Finger in die Wunden der Zeit gelegt, erinnerte das Forum.
Seine Enzykliken „Laudato si“ und „Fratelli tutti“ benennen ganz konkret die „Klage der Erde“ und den „Schrei der Armen“. In eindringlichen Worten benenne darin Franziskus „die Erde als unser gemeinsames Haus und Leihgabe Gottes an alle Menschen“. In diesem Sinne mahnte er „eine Haltung der Gastfreundschaft und der Geschwisterlichkeit als unabdingbare Grundlage für eine menschliche Gesellschaft an“.
Eine Kirche, die sich nur um sich selbst dreht, sei „Franziskus ein Gräuel gewesen“. Eine solche Kirche würde ihrer Aufgabe, ein „Sakrament des Heils“ zu sein, nicht gerecht. Für eine Selbstbekehrung der Kirche habe Papst Franziskus auf Synodalität gesetzt. „Er entschied sich für einen gemeinsamen Weg des Aufeinander Hörens, auch auf das Hören der Laien, nicht auf eine schnelle Entscheidung“, so das Katholische Forum Südtirol. Er habe damit den Weg für eine tiefgreifende Kirchenreform aufgezeigt und geöffnet: „Lob der Barmherzigkeit, Einsatz für die Schwachen, Ausgegrenzten und Verwundeten unserer Welt, Freude am Evangelium, Kritik am Klerikalismus, Kritik an ‚dieser Wirtschaft, die tötet‘: diese Stichworte ziehen sich durch sein Pontifikat. Nicht allen Erwartungen wurde er gerecht. Aber er hat ein großes Fenster der Hoffnung aufgetan.“
KA Wien: „Ein Visionär“
Als "Papst der Armen", "Verfechter des Umweltschutzes" und "Visionär" hat die Katholische Aktion der Erzdiözese Wien Papst Franziskus gewürdigt. Sein Wirken sei geprägt gewesen von einer tiefen Spiritualität und einem klaren Bekenntnis zur Verantwortung gegenüber der Schöpfung Gottes, hieß es in einer Aussendung. Besonders seine Enzyklika "Laudato si", die heuer im Mai ihren 10. Jahrestag feiert, habe nicht nur die katholische Kirche, sondern darüber hinaus Aktivisten und umweltbewusste Menschen unterschiedlicher Konfessionen weltweit inspiriert, sich mit den drängenden Fragen des Klimawandels auseinanderzusetzen.
KA-Präsident Reinhard Bödenauer zufolge habe Franziskus eindringlich an den Schutz der Schöpfung als "moralische Verpflichtung" erinnert. "Er appellierte an unser Gewissen, die Erde als unser 'gemeinsames Haus' zu betrachten und die Verletzlichkeit der Umwelt ernst zu nehmen." Der verstorbene Papst fordere dazu auf, die Stimme der Armen und der von Umweltzerstörung Betroffenen zu hören und sich für Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Frieden einzusetzen. "Seine Worte waren ein Aufruf zum Handeln über religiöse Grenzen hinaus und sein Zugehen auf Menschen zeugte von seiner authentischen Menschlichkeit", so Bödenauer. Auch die Katholische Aktion der Erzdiözese Wien habe mehrere vom Papst inspirierte lokale Initiativen gestartet.
Im globalen Dialog habe Papst Franziskus dazu ermutigt, "konkrete Schritte zu setzen, um unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und auf Augenhöhe und nicht von oben herab mit Menschen im globalen Süden zu handeln". Seine Vision einer integralen Ökologie, einer fairen Wirtschaft und eines guten Lebens für alle, für soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, sein Einsatz für die Jugend und den Frieden "werden unser Tun weiterhin begleiten", so der KA-Präsident.
Zudem würdigte Bödenauer den unter Papst Franziskus eingeführten synodalen Umgang miteinander: "Wie wir reden, wie wir denken, wie wir aktiv einander zuhören, wie es uns Papst Franziskus in seinem Synodendokument hinterlassen hat, wird unsere weitere Arbeitsweise als KA prägen."
Die KA trauere um ihren "Papst der Herzen", der "mit Mut und Mitgefühl die Herausforderungen unserer Zeit angegangen ist". Sein Erbe werde in den Herzen der Gläubigen und in den Initiativen zur Bewahrung der Schöpfung weiterleben. Bödenauer schloss mit den Worten: "Möge sein Aufruf zur Achtsamkeit und Verantwortung uns alle inspirieren, uns weiterhin für eine gerechtere, friedlichere und nachhaltigere Welt einzusetzen."
Regenbogenpastoral: Positives und Ambivalenzen
„Positive Impulse für queere Gläubige, aber auch Ambivalenzen“ konstatierte die Regenbogenpastoral Österreich im Blick auf Papst Franziskus. Sie verwies auf eine Stellungnahme des deutschen „Katholischen LSBT+ Komitees“, wonach man Franziskus „wohl als den besten Papst bezeichnen kann, den queere Gläubige jemals hatten. Er hat direkt mit queeren Menschen telefoniert, ihnen persönliche Briefe geschrieben und einzelne queere Gruppen und queerfreundliche Seelsorger:innen im Vatikan empfangen. Papst Franziskus hat einen atmosphärischen Wandel in der römisch-katholischen Kirche angestoßen, der kaum hoch genug gewertet werden kann. Er war an vielen Stellen ein zugewandter Seelsorger für die Schwächsten und Ausgegrenzten, auch für queere Gläubige.“
Ambivalenzen hätten sich allerdings besonders in seinem „Festhalten am Heraufbeschwören einer angeblichen ‚Gender-Ideologie‘ in der Erklärung ‚Dignitas Infinita‘ aus dem Jahr 2024 gezeigt“. Darin hänge der Vatikan „weiter ohne Blick nach außen einer Ideologie an, die die Würde und die Menschenrechte von trans- und intergeschlechtlichen, nicht-binären sowie homo- und bisexuellen Menschen verletzt“, heißt es in der Stellungnahme des Komitees, auf das die Regenbogenpastoral Österreich, eine Plattform des Forums Beziehung, Ehe und Familie der Katholischen Aktion Österreich, verweist.
(jop/22.4.2025)