„Papstschreiben sollte Debatte bei uns befeuern“
Das nachsynodale Schreiben „Querida Amazonia“ (Geliebtes Amazonien) von Papst Franziskus sollte der Kirche in Österreich und in ganz Europa Anlass sein, ihre Suche nach gesellschaftlicher und innerkirchlicher Erneuerung auf eigene Weise neu voranzutreiben und zu befeuern. Das erklärte der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Leopold Wimmer, in einer ersten Stellungnahme zu dem am Mittwoch veröffentlichen Dokument. „Natürlich werden manche enttäuscht sein, dass der Papst etwa in der Frage der Lockerung der Zölibatspflicht für Priester und beim Frauendiakonat keine Entscheidung getroffen hat, weder in die eine noch in die andere Richtung“, so Wimmer. „Meiner Einschätzung nach hat Franziskus das Schlussdokument der Synode mit seinem Schreiben in einen gesamtkirchlichen, weltweiten Rahmen gestellt. Und er hat uns mit den vier Visionen – der sozialen, der kulturellen, der ökologischen und der kirchlichen – einen deutlichen Anstoß gegeben, uns zu fragen, was diese für uns hier bedeuten“, betonte der KAÖ-Präsident.
„Der Papst ist seinem Schreiben sehr darum bemüht, Zusammenhänge deutlich zu machen: Im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes heißt dies, dass die ökologische Ausbeutung der Regenwälder Südamerikas sehr wohl mit unserer Lebensweise zu tun haben und sich auch auf uns auswirken. Franziskus weist auch entschieden darauf hin, dass Maßnahmen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes gleichzeitig den Blick auf die sozial Schwachen und Marginalisierten einschließen muss. Und er führt vor Augen, dass es nicht nur um technische Maßnahmen geht, sondern um eine lebensfreundliche Kultur und Geisteshaltung. Nicht zuletzt beschreibt Franziskus auf überzeugende Weise, wie alle diese Bereiche mit dem christlichen Glauben und dem kirchlichen Leben verwoben sind“, so Wimmer.
„Wenn wir uns hier als Katholiken in Österreich für den Klimaschutz einsetzen, dann tun wir das aus genau diesen Zusammenhängen heraus. Es gibt – auch in Österreich – immer wieder Versuche, Engagement für Umwelt und Soziales gegen Spiritualität und Verkündigung auszuspielen. Als Katholische Aktion setzen wir uns beispielsweise für eine ökosoziale Steuerreform ein. Sie verbindet das ökologische Ziel mit sozialen Rücksichten, und dieses Engagement ist getragen von unserer christlichen Spiritualität“, hebt der KAÖ-Präsident hervor.
„Ähnliches gilt für die innerkirchliche Reformdebatte. Papst Franziskus erinnert daran, dass nicht mit einer Maßnahme allein – etwa die Lockerung der Zölibatspflicht für Priester – das kirchliche Leben in den Gemeinden neu erblüht. Dazu braucht es auch das Engagement zahlreicher Laien. Er hebt zugleich die zentrale Bedeutung der Eucharistie und der Weihe hervor. Ich habe den Eindruck, Franziskus erwartet hier klare Signale aus dem Kreis der Bischöfe, wie dem Priestermangel als ein Hindernis ist auf dem Weg der Kirche in ihre Zukunft begegnet werden kann. Gleiches gilt in der Frage der Übernahme von Verantwortung durch Laien und besonders auch, welche Ämter Frauen in der Kirche künftig übernehmen können. Das sind keine Randfragen. Sie hängen eminent mit den anderen Fragen zusammen“, erklärt Wimmer.
„Ich wünsche mir, dass wir in diesem Geist der Offenheit und der Synodalität, wie er bei der Amazonien-Synode im Vatikan zu spüren war und im Schlussdokument der Synode und im nachsynodalen Schreiben des Papstes ebenso zu erkennen ist, Reformbestrebungen in Österreich starten und in einem guten und respektvollen Miteinander weiter voranbringen“, so der KAÖ-Präsident.