Freier Sonntag: "Allianz" sieht sich durch Umfragen bestätigt
60 Prozent der Österreicher sind nicht bereit, am Sonntag zu arbeiten, bei Frauen mit Kindern steigt dieser Wert auf 74 Prozent und bei Frauen mit Kindern im Handel sind es sogar 90 Prozent. Diese Umfragewerte wurden am Montag im Rahmen einer Online-Pressekonferenz von Vertreterinnen und Vertretern der "Allianz für den freien Sonntag" präsentiert. Der Sonntag dürfe nicht zum normalen Werktag werden, so das gemeinsame Plädoyer von Bischof Alois Schwarz, Superintendent Matthias Geist, Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian.
Bischof Schwarz bezeichnete den arbeitsfreien Sonntag als "Kulturgut der Menschheit", dass es im Blick auf eine menschenfreundliche Kultur zu bewahren gelte. So dankbar er all jenen in systemrelevanten Berufen sei, die auch am Sonntag arbeiten, dürfe der Sonntag nicht zu einem gewöhnlichen Werktag werden. "Die Gesellschaft braucht eine gemeinsame synchronisierte Zeitstruktur", so der Bischof. Sonst sei Gemeinschaftsleben nicht möglich. "Der Sonntag ist der Tag der Beziehungen, der Heilung des Menschen, ein Tag gegen die Ausbeutung der Schöpfung und des Menschen und für Christen auch der Tag der Zusage von Lebensenergie vonseiten Gottes her", so Schwarz.
Der Bischof der Diözese St.Pölten, auch kirchlicher Sprecher der Sonntagsallianz, appellierte in seiner Stellungnahme auch an die persönliche Verantwortung der Konsumenten: "Ich möchte nicht am Sonntag einkaufen, wenn dafür jemand anderer arbeiten muss."
Der evangelische Wiener Superintendent Matthias Geist betonte, dass die Sonntagsfrage zutiefst eine Frage nach der Würde des Menschen in der Arbeitswelt sei. Es brauche besondere Wachsamkeit gegenüber vermeintlichen wirtschaftlichen Sachzwängen und zunehmendem Leistungsdruck. Vonseiten der Kirche müsse es besondere Aufmerksamkeit für das seelische Gleichgewicht der Menschen wie auch auf das Gemeinwohl geben.
Dass für die meisten Menschen im Blick auf den Sonntag nicht mehr explizit die religiöse Dimension im Vordergrund steht, war weder für Schwarz noch für Geist ein Argument dafür, am arbeitsfreien Sonntag zu rütteln. Man dürfe sich in dieser Frage nicht nur an der Zahl der Besucher der Sonntagsgottesdienste orientieren, so Schwarz. Nachsatz: "Es gibt weit mehr Beter im Land als Sonntagskirchgänger." Und auch Geist hob die über Gottesdienste hinaus gehende Sehnsucht der Menschen nach Gemeinschaft und seelischem Gleichgewicht hervor.
Frauen und Kinder besonders betroffen
Jana Zuckerhut von der Österreichischen Plattform für Alleinerzieherinnen wies in der Pressekonferenz darauf hin, dass Alleinerzieherinnen die gesellschaftlich wohl schwächste Gruppe seien und demgemäß am leichtesten erpressbar. Sollte der Sonntag zum Werktag werden, dann müsste man natürlich auch Betreuung für Kinder anbieten. Und die Kinder hätten dann auch keinen regelmäßigen freien Tag mehr, "was eine enorme Belastung für diese darstellt", warnte Zuckerhut.
Arbeiterkammer-Präsidentin Anderl sprach sich für klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit aus. Diese würden gerade durch die Pandemie und verstärktes Homeoffice ohnehin immer mehr verschwimmen. Davon betroffen seien vor allem Frauen, so die AK-Präsidentin. Und auch wenn jetzt schon in vielen systemrelevanten Berufen am Sonntag gearbeitet wird, "es darf nicht noch mehr werden", so die Forderung Anderls.
In die gleiche Kerbe schlug auch ÖGB-Präsident Katzian. Der Druck auf Arbeitnehmer nehme ständig zu, es brauche Entschleunigung. Katzian sprach dabei auch die problematische Seite des boomenden Online-Handels an. "Die einen können rund um die Uhr bestellen, aber andere müssen dafür dann rund um die Uhr zustellen", so der ÖGB-Chef unter Verweis auf die schwierigen Bedingungen in der Zustellbranche.
Österreichweite Umfrage
Eine im Auftrag der Allianz im Jänner durchgeführte österreichweite repräsentative Umfrage des "Integral"-Meinungsforschungsinstitut kommt zu folgenden Ergebnissen: Sechs von zehn Österreicherinnen und Österreichern wollen den arbeitsfreien Sonntag als gemeinsame freie Zeit unbedingt behalten und sind nicht bereit, am Sonntag regelmäßig zu arbeiten. Ebenfalls knapp 60 Prozent möchten keine "Flexibilisierung" der Arbeitswoche und würde die Aufhebung der Wochenendruhe zugunsten mehr individuell freier Tage nicht akzeptieren, wie Philipp Kuhlmann, Sprecher der Sonntags-Allianz, ergänzte.
62 Prozent der Befragten im Homeoffice geben an, dass ihnen die Trennung zwischen Freizeit und Arbeit zunehmend schwerer fällt. Besonders hart trifft es dabei Familien. Vor allem Frauen mit Kindern stimmen dieser Aussage zu 78 Prozent zu. Angespannt ist auch die Finanzlage: Jeweils 55 Prozent geben an, ihre Ausgaben und Einnahmen stärker zu überprüfen und sich beim Konsum zurückzuhalten. Eingekauft wird vor allem online, wobei hier der Samstag der "traditionelle" Einkaufstag bleibt. Nur ein Drittel der Einkäufe wird sonntags erledigt.
Die Ergebnisse zeigten, so die Sonntags-Allianz, "dass Familien und hier besonders die Mütter sich als Verliererinnen der Pandemie erleben". Zur generellen Unsicherheit kämen verstärkte Betreuungspflichten und eine angespannte Finanzlage. Der Sonntag als planbarer Tag für Erholung und Familie bzw. Freunde bleibe jedenfalls weiterhin unverzichtbar.
1.700 Jahre freier Sonntag
Die kirchlich-gewerkschaftliche "Allianz für den freien Sonntag" begeht dieser Tage ein besonderes Jubiläum. Anlass dafür ist, dass der römische Kaiser Konstantin am 3. März 321 nach Christus, also genau vor 1.700 Jahren, per Edikt den Sonntag zum wöchentlichen Ruhetag machte. Noch nicht ganz so alt aber immerhin auch schon 20 Jahre ist die Allianz. Seit der Gründung setzt sie sich für den Erhalt dieses letzten verbliebenen freien Tages für möglichst viele Menschen in Österreich ein. Aktuell hat die Allianz dazu auch eine Petition laufen.
(Infos: www.freiersonntag.at) (1.3.2021)